LVZ: EKM-Bischöfin Ilse Junkermann: Wittenberger Luther-Zwerge sind "gewollter Störfaktor"
Geschrieben am 21-08-2010 |
Leipzig (ots) - Die Landesbischöfin der Evangelischen Kirche
Mitteldeutschland (EKM), Ilse Junkermann, hat die umstrittenen
Installation der Lutherzwerge in Wittenberg verteidigt. "Luther
gehört in den Alltag, daran sollen und werden die Figuren erinnern.
Sie können ein Stachel sein, wenn wir die reformatorischen Ideen von
vor 500 Jahren auf die Realität heute prallen lassen. Ich werde einen
blauen, roten oder grünen Plaste-Luther immer als Störfaktor
verstehen - aber genau das ist gewollt", sagte Junkermann der
"Leipziger Volkszeitung" (Sonnabend-Ausgabe). Zuletzt war verstärkt
Kritik an der Installation des Nürnberger Künstlers Ottmar Hörl laut
geworden. So hatte der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer
das Kunstwerk auf dem Wittenberger Marktplatz als "theologischer und
ästhetischer Schindluder" bezeichnet und den geplanten Verkauf der
800 Figuren als Ablasshandel mit Plastefiguren" abgelehnt.
Junkermann wies die Kritik zurück, es sei nicht im Sinne Luthers,
ihn vom Sockel zu holen und als Plastikfigur auf den Markt zu
stellen. "Im Gegenteil, Luther hätte sich heftig dagegen verwahrt,
auf einen Sockel gestellt zu werden. Deshalb finde ich es gut und
ganz im Sinne Martin Luthers, dass er vom Sockel geholt wird." Hörl
sei eine Skulptur des Diskurses gelungen. "Und das tut auch dem
eigenen theologischen Nachdenken gut." Die EKM-Bischöfin erhofft sich
von der Wittenberger Kunstaktion einen zusätzlichen Werbeeffekt für
die Reformationsdekade. "Wenn die 800 Luther-Botschafter im September
auf Reise in andere Städte, aber auch in andere Wohnungen gehen,
werden sie die Botschaft der Reformation mitnehmen."
Einen theologischer Anspruch sei mit dem Kunstwerk allerdings
nicht verbunden. "Kunst ist keine Theologie. Ich empfinde es als
Bereicherung, wenn ein Künstler sich heute mit Theologie
auseinandersetzt. Jede Kunst führt in Auseinandersetzung und
Diskussion, erst das macht aus Kunst mehr als Dekoration. Gelingt das
nicht, kann aus Kunst schnell Kitsch werden." Hörl sei es dagegen
gelungen, mit seinen Luther-Figuren bei den Menschen ganz
verschiedene Assoziationen zu wecken. "Diese Figuren haben die Größe
eines Kindes. Luther hat daran erinnert, wir sind alle Kinder Gottes.
Oft überhöhen wir uns heute, wir muten und trauen uns
Übermenschliches zu, etwa die Beherrschung der Atomkraft. Wir sollten
hin und wieder in die Knie gehen, uns als Menschen etwas
zurücknehmen, um mit Luther auf Augenhöhe zu kommen. So können wir
ihn besser verstehen", regte Junkermann an.
Aufgabe der Reformationsdekade bis 2017 sei es auch, "Luther und
die reformatorischen Ansätze nicht in der Geschichte und den Museen
zurückzulassen, sondern herauszuholen auf die Marktplätze, vor allem
die Marktplätze des Denkens und Handelns." Dies sei dem Nürnberger
Hörl hervorragend gelungen. Kunst müsse zwar dabei nicht unbedingt
provozieren, aber sie dürfe es. "Sie darf Grenzen überschreiten, um
uns zu helfen, unsere Grenzen zu überschreiten, vor allem die des
Denkens und der Bequemlichkeit, aber auch Grenzen der Ignoranz und
der Intoleranz", so Junkermann abschließend.
Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2
Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion
Telefon: 0341/218 11558
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
285085
weitere Artikel:
- Geldstrafe für Initiatoren der Ausstellung "Verbotene Kunst" in Moskau art sprach exklusiv mit Kunstexperte Viktor Misiano über den gesellschaftlichen Skandal Hamburg (ots) - Mitte Juli ging im Moskauer Bezirksgericht ein
spektakulärer Prozess zu Ende. Der ehemalige Direktor des
Sacharow-Museums Juri Samodurow und Andrej Jerofejew, Ex-Kurator der
Tretkajow-Galerie, wurden zu Geldstrafen von umgerechnet 5100 und
3800 Euro verurteilt. Ihr Vergehen: Gotteslästerung. Die Kuratoren
hatten 2007 die Ausstellung "Verbotene Kunst" organisiert. Zahlreiche
Werke der Gegenwartskunst, die in den vorigen Jahren Opfer der Zensur
geworden waren, wurden hier ausgestellt. Werke wie ein
Madonnenbildnis mehr...
- WAZ: Schlingensiefs trotziger Kampf - Die letzte unbekannte Größe - Leitartikel von Lars von der Gönna Essen (ots) - Christoph Schlingensief hat über seine
Krebserkrankung ein öffentliches Tagebuch geschrieben. Er hat den
drohenden Tod zu Theater gemacht: Eine seiner Arbeiten zeigt dort, wo
sonst in der Monstranz die Hostie steckt, ein Röntgenbild der Lunge.
Man möchte die Formel vom "öffentlichen Sterben" gebrauchen, aber das
trifft es schlecht. Schlingensief, der Umstrittene, hat das Gegenteil
getan, er hat dem Sterben etwas entgegengesetzt: fast bis zuletzt
sein sichtbares, trotziges Leben, dessen Grundpfeiler bekannte Größen
waren: mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Personalien / Schlingensief Osnabrück (ots) - Die Angst als Kunst
Trash-Kino zum Mauerfall, Parteigründung, ironischer Mordaufruf
gegen Kohl. Schlingensief lieferte Schlagzeilen. Im Kulturbetrieb
führte das zur doppelten Wahrnehmung: Die einen sahen ihn als
geniales Enfant terrible. Die Gegenseite witterte einen
narzisstischen Selbstvermarkter - obwohl sein Anliegen stets das Wohl
der anderen war, das der Arbeitslosen, der Behinderten, zuletzt der
Afrikaner.
Das Paradoxe: Der Vorwurf der Selbstdarstellung verstummte genau
in dem Moment, als Schlingensief mehr...
- Studio Hamburg-Werkstätten bauen Sitzbänke für NDR Aktion "Lieblingsplätze" Hamburg (ots) - Die Werkstätten von Studio Hamburg Media Consult
International (MCI) GmbH haben Sitzbänke für die NDR-Aktion
"Lieblingsplätze - eine Bank für den Norden" gefertigt. Zehn
norddeutsche Prominente haben dem NDR Fernsehen für diese Aktion ihre
persönlichen Lieblingsplätze verraten - darunter Cornelia Poletto,
Stefan Gwildis, Mike Krüger, Olli Dittrich und Axel Prahl. Ab heute,
23. August bis zum 3. September werden die signierten und mit einem
persönlichen Zitat versehenen Bänke in Anwesenheit ihrer prominenten
Paten mehr...
- 11. Jugendorchester-Festival Young Euro Classic in Berlin feiert mit 26.000 Besuchern neuen Rekord Berlin (ots) - Neuer Besucherrekord bei Young Euro Classic: Im
elften Jahr strömten an 17 Festivaltagen gut 26.000 Besucher ins
Konzerthaus Berlin. "Das ist einfach überwältigend", freut sich
Festivalleiterin Dr. Gabriele Minz. "Wir hätten noch viele Karten
zusätzlich verkaufen können." Allein das eintägige Klavier-Festival
mit fünf jungen Pianisten hatte mehr als 3.400 Besucher. "Es gibt
inzwischen ein ganz spezielles Young Euro Classic-Publikum", so der
Künstlerische Leiter Dr. Dieter Rexroth, "das offen ist für alle
Formen, mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Alles rund um die Kultur
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
Pinocchio erreicht Gold in Deutschland mit Top-3-Hit "Klick Klack" - "Mein Album!" erscheint am heutigen Tag - Neue Single "Pinocchio in Moskau (Kalinka)" folgt am 17. März
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|