Verfolgung der Klimaziele erfordert langfristiges Bekenntnis zu Kernenergie und Modernisierung der Kohlekraftwerke - Ausbau der Erneuerbaren nur soweit wirtschaftlich vertretbar
Geschrieben am 30-08-2010 |
München (ots) - Booz & Company-Analyse zeigt notwendige Schritte
zur Erreichung der Klimaziele und Erhöhung der Versorgungssicherheit
/ Begrenztes Ausbaupotenzial der erneuerbaren Energien /
Modernisierung konventioneller Kohlekraftwerke und die weitergehende
Nutzung der Kernenergie zwingend erforderlich / Smart Grids als
Schlüssel für zukunftssichere Transportinfrastruktur
Nicht erst seit der Veröffentlichung des in der vergangenen Woche
lancierten "Energiepolitischen Appells" diskutieren Politiker aller
Parteien, Wirtschaftsvertreter und Wissenschaftler über den
Energiemix der Zukunft. Zentrale Herausforderung ist es, die
ökologischen und ökonomischen Notwendigkeiten in eine sinnvolle
Balance zu bringen. Mit genau diesem Ziel skizziert die
internationale Strategieberatung Booz & Company in einer aktuellen
Analyse, wie Deutschland die ambitionierten Klimaziele der
Europäischen Union in einem Zeitraum über 2030 hinaus erreichen und
zugleich die Versorgungssicherheit erheblich steigern kann.
Die Untersuchungsergebnisse untermauern aktuelle Forderungen nach
verlängerten Laufzeiten für bestehende Kernkraftwerke. Die starke
Fokussierung auf erneuerbare Energien erachten die Booz-Experten
allerdings als einen Fehler. Nach der Analyse besitzt Sonnenenergie
in Deutschland nur ein sehr begrenztes Potenzial. Geothermie und
Meeresenergie liegen schlicht nicht im Lösungsraum. Auch die
Erzeugung von Windenergie lohne sich im großen Stil lediglich im
windreichen Norden, aber keineswegs landesweit. Von einer
zuverlässigen Produktion von Grundlaststrom sind die alternativen
Energieträger daher noch weit entfernt. Vor diesem Hintergrund ist
eine deutliche Verlängerung der Laufzeit der bereits bestehenden
Kernkraftwerke für das Erreichen der Klimaziele unumgänglich. "Die
Kernenergie ist mit Abstand die kostengünstigste Möglichkeit,
CO2-freien Strom zu erzeugen, darüber hinaus auch technisch
ausgereift und sicher. Ohne greifbare Alternativen ist die
Kernenergie auch langfristig erforderlich, also keineswegs aus
heutiger Sicht eine Brückentechnologie, wie oft gemutmaßt wird", so
die Einschätzung von Dr. Walter Wintersteller, Partner und Leiter der
europäischen Utility-Practice von Booz & Company. Die ohnehin
bestehende Endlagerproblematik verändert sich durch eine Entscheidung
über Verlängerung und Ausbau nicht grundlegend. Ein Ausstieg aus der
Atomenergie würde hingegen die angestrebte CO2-Reduktion letztlich
unerreichbar machen, da sich die entstehende Versorgungslücke nur mit
Gas und Kohlekraftwerken schließen lässt.
Der Schlüssel für eine klimafreundliche Energiepolitik liegt in
einer konsequenten Umstellung des Erzeugungsmixes. Deutliche Effekte
für die Umwelt sind nur durch den sinnvollen Ausbau der Windkraft im
Norden, die Modernisierung von Kohlekraftwerken und vor allem durch
Weiterbetrieb und Ausbau der Kernenergie zu erwarten. Auf der
Verbraucherseite fungiert der Wandel vom Verbrennungsmotor zu
Elektromobilität als wesentlicher Hebel. Darüber hinaus liefert die
Steigerung der Wärmeeffizienz bei gleichzeitiger Modernisierung der
Wärmebereitstellung auf lange Sicht wichtige Impulse. Voraussetzung
dafür sind der konsequente Netzausbau sowie ein intelligentes
Stromnetz, das die steigende Komplexität bewältigen kann. "Die
Bedeutung der Stromversorgung im Gesamtkontext der Energiewirtschaft
wird weiter zunehmen", so Wintersteller. "Die Stromerzeugung muss
nachhaltiger werden, der Stromanteil im Endverbrauch steigen, und
Strom ist über leistungsfähigere Netze bereitzustellen. Das von der
Bundesregierung für den Herbst angekündigte energiepolitische Konzept
sollte diese Entwicklung einleiten bzw. weiter begleiten."
Erhebliche Co2-Reduktion durch moderne Kohlekraftwerke
Mit etwa einem Drittel aller Klimagas-Emissionen in Deutschland
ist die Stromerzeugung ein bedeutender und - durch die erforderliche
Erneuerung des Kraftwerkparks - auch relativ kurzfristiger Hebel.
Viele Experten sehen in der Umstellung auf CO2-ärmere Gaskraftwerke
eine sinnvolle Lösung. Diese birgt allerdings ebenfalls erhebliche
energiepolitische Probleme: Durch den Ausbau von Gaskraftwerken
verringert sich zwar der CO2-Ausstoß bedeutend, aber die Abhängigkeit
von russischem Gas nimmt dafür weiter zu.
Die Modernisierung der Kohlekraftwerke ist dagegen wirtschaftlich
sinnvoll und trägt erheblich zur CO2-Minderung bei; d.h. sie sollte
also mit aller Konsequenz forciert werden. Skeptisch beurteilen die
Energie-Experten von Booz & Company hingegen die Abtrennung und
Speicherung von CO2. Nach den Berechnungen der Beratung würden sich
die Kosten von Kohlestrom durch dieses "Carbon Capture &
Sequestration" genannte Verfahren mindestens verdoppeln. Die
Technologie sei zwar grundsätzlich realisierbar, aber noch weit von
der Marktreife entfernt. Zudem sei das geologische Speicherpotenzial
in Deutschland vergleichsweise begrenzt. "Eine Endlagerdiskussion
ähnlich wie bei der Kernenergie wäre bei diesem Thema sehr
wahrscheinlich und aufgrund des Flächenbedarfs für diese Technologie
potenziell noch komplexer", konstatiert Wintersteller.
Intelligente Netze - mit verbesserter Steuerung und mehr
Speichermöglichkeiten
Die erwarteten erzeugungs- und nachfrageseitigen Veränderungen
erfordern auch eine Aufrüstung der Stromübertragungsnetze. Benötigt
werden mehr Kapazität, mehr Speicher und verbesserte Steuerbarkeit.
Die zunehmende Dislokation von Stromerzeugung und -verbrauch durch
den Ausbau von Windenergie in Nordeuropa und das Zusammenwachsen des
europäischen Erzeugungsmarktes bedingen die Erweiterung der
Stromübertragungskapazitäten. Die stark schwankende Stromeinspeisung
der Windenergie sowie die relativ teuren Spitzenlastkraftwerke
erfordern immer mehr Speicherkapazitäten. Dies gelingt heute nur mit
Pumpspeicherkraftwerken, deren Ausbau in Deutschland begrenzt ist.
Noch aber existieren keine Stromspeichermöglichkeiten zu vertretbaren
Kosten. Nur die Batterien von Elektroautos bieten hier Chancen. Bei
einer Marktdurchdringung von lediglich 10% entspricht die Kapazität
der Batterien von Elektroautos der des gesamten deutschen
Kraftwerkparks. Diese dezentralen Energiespeicher sollten im Hinblick
für die Stromversorgung nutzbar gemacht werden können. Allerdings
bleibt zu bedenken, dass hier noch immense Grundlagenarbeit zu
leisten ist.
Die wohl entscheidende Veränderung im Bereich Übertragung betrifft
jedoch "Smart Grid". Das seit Jahrzehnten technisch de facto
unveränderte Verteilnetz muss sich grundsätzlich wandeln. Nur so kann
es den rasant zunehmenden Anforderungen im Bereich Stromerzeugung und
-verbrauch gerecht werden. Intelligente Stromzähler und Netze mit
bi-direktionalem Strom- und Informationsfluss sind erforderlich, um
Demand-Side-Management und Demand-Response-Konzepte zu realisieren
und die Zufuhr von dezentralen Energiequellen, etwa von Autobatterien
oder Kleinkraftwerken, zu ermöglichen.
Ein erheblicher Sprung in eine verbesserte Energieversorgung mit
geringerer CO2-Belastung und deutlich höherer Versorgungssicherheit
ist der Booz & Company-Analyse zufolge möglich. In einer
Extrembetrachtung könnten damit gegenüber 1990 etwa 50% des
CO2-Ausstoßes reduziert und die Ölimporte halbiert werden, womit für
Deutschland eine Obergrenze skizziert ist.
Im Vergleich zur aktuellen energiepolitischen Diskussion erfordert
dieses jedoch eine deutlich konsequentere Fokussierung auf die großen
Hebel - insbesondere in der Stromerzeugung unter stärkerer
Berücksichtigung der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit und technischen
Machbarkeit. "Die Subvention alternativer Energiequellen hat bisher
viel Geld gekostet, aber vergleichsweise wenig Strom produziert.
Schon gar keinen Grundlaststrom", so Wintersteller. Ein radikales
Umdenken und eine Neuausrichtung der Energiepolitik erscheinen vor
diesem Hintergrund unumgänglich.
Über Booz & Company:
Booz & Company ist mit mehr als 3300 Mitarbeitern in 61 Büros auf
allen Kontinenten eine der weltweit führenden Strategieberatungen. Zu
den Klienten gehören erfolgreiche Unternehmen sowie Regierungen und
Organisationen.
Unser Gründer Edwin Booz formulierte bereits 1914 die Grundlagen
der Unternehmensberatung. Heute arbeiten wir weltweit eng mit unseren
Klienten zusammen, um die Herausforderungen globaler Märkte zu
meistern und nachhaltiges Wachstum zu schaffen. Dazu kombinieren wir
einzigartiges Marktwissen sowie tiefe funktionale Expertise mit einem
praxisnahen Ansatz. Unser einziges Ziel: unseren Klienten jederzeit
den entscheidenden Vorteil zu schaffen. Essential Advantage.
Informationen zu unserem Management-Magazin strategy+business finden
Sie unter: www.strategy-business.com. www.booz.com/de
Originaltext: Booz & Company
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/44015
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_44015.rss2
Rückfragen und weitere Informationen:
Susanne Mathony
Director Marketing & Communications
Tel.: 089 /5452-55o oder 0170 / 22 38 550
Fax: 089 / 54 52 5 602
Email: susanne.mathony@booz.com
Internet: www.booz.com/de
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