FZ: "Solide, aber ohne Mut" / Kommentar der "Fuldaer Zeitung" (Dienstagausgabe, 31. August 2010) zum Kabinett Bouffier
Geschrieben am 30-08-2010 |
Fulda (ots) - Auch wenn Politiker noch so oft beteuern, es gehe in
ihrem Geschäft um Inhalte, nicht um Personen - das CDU-interne
Gezerre um die Neubesetzung des hessischen Landeskabinetts hat in den
vergangenen Wochen wieder einmal das Gegenteil bewiesen. Natürlich
geht es (auch) um Köpfe, Flügelkämpfe und regionalen Proporz - und
Osthessen hat dabei wieder einmal den Kürzeren gezogen. Obwohl die
Wähler zwischen Vogelsberg und Rhön den hessischen Christdemokraten
seit Jahrzehnten meist Ergebnisse zwischen 50 und 60 Prozent,
bisweilen sogar 70 Prozent oder mehr bescheren, gingen die
osthessischen Aspiranten auf einen Ministerstuhl leer aus. Das ist
vor allem für Walter Arnold bitter. Der 61-jährige Fuldaer
CDU-Bezirksvorsitzende hatte vor mehreren Jahren bereits gezeigt,
dass er als Staatssekretär auch während einer längeren
krankheitsbedingten Abwesenheit des Finanzministers den Laden im
Griff hat. Aber ihm geriet wohl sein Alter zum Nachteil: Hätte
Bouffier statt auf den 44-jährigen Sauerländer Thomas Schäfer auf
Arnold gesetzt, wäre das Durchschnittsalter der Regierungsmannschaft
nicht wesentlich gesunken - dabei war genau das ein Versprechen, mit
dem Bouffier angetreten war. Und da sich schon der zweite Teil des
Bouffier-Schlagworts ("jünger und weiblicher") nicht verwirklichen
ließ, durfte der designierte Ministerpräsident offenbar nicht auch
noch beim angekündigten Signal zur Verjüngung nur halbherzig
erscheinen. Ein anderer hätte vom Alter her wohl in das Konzept des
künftigen Regierungschefs gepasst - aber für den Fuldaer
Bundestagsabgeordneten Michael Brand (36), der sich in Berlin vor
allem außen- und verteidigungspolitisch profiliert hat, gibt es in
Wiesbaden kein passendes Ressort. Doch die Abfuhr für die
osthessische CDU muss auf Dauer kein Beinbruch sein: Auch im Kabinett
Wallmann und in der ersten (und der letzten) Regierungsmannschaft
Roland Kochs gab es keinen exponierten Vertreter aus der Region - und
dennoch wurde viel Neues angestoßen und viel Geld für Fulda und
Umgebung lockergemacht. Und darauf dürfen Arnold & Co. nun immerhin
hoffen: Wenn der schuldengeplagte Haushalt irgendwo noch etwas
hergibt, dann haben osthessische Projekte bei Bouffier sicher einen
Bonus. Unterm Strich bleibt: Der designierte Ministerpräsident
Hessens hat ein solides Personalpaket präsentiert - den Mut zu einer
überraschenden Volte hatte er nicht. Und dass er Jürgen Banzer fallen
ließ - einen Ressortchef, der sogar während seiner kurzen Episode als
Kultusminister 2008 nicht nur bei Eltern und Lehrern in Hessen
Sympathiepunkte gesammelt hat -, deutet darauf hin, dass unter
Bouffier das Querdenken auf der Regierungsbank nicht als oberste
Tugend gefragt ist.
Originaltext: Fuldaer Zeitung
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Pressekontakt:
Fuldaer Zeitung
Johannes Heller
Telefon: 0661 280-447
johannes.heller@fuldaerzeitung.de
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