BDEW zum Energiekonzept der Bundesregierung: Offene Fragen müssen jetzt rasch geklärt werden / Hildegard Müller: Diskussion um Wettbewerb und KWK kommt bislang zu kurz
Geschrieben am 07-09-2010 |
Berlin (ots) - Nach einer ersten ausführlichen Analyse der
Eckpunkte für ein Energiekonzept der Bundesregierung kommt der
Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zu dem
Schluss, dass noch wesentliche Punkte geklärt werden müssen.
"Insgesamt gibt es im Eckpunktepapier wesentlich mehr Licht als
Schatten für die Unternehmen der Energiewirtschaft. In der Diskussion
kommen aber vor allem der Wettbewerb und die Kraft-Wärme-Kopplung zu
kurz. Die damit zusammenhängenden Fragen müssen von der
Bundesregierung jetzt genauer beantwortet werden", erklärte Hildegard
Müller, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. "Daher sollten
auf den Fonds, der durch Sonderbeiträge der Kernkraftwerksbetreiber
gebildet wird, Stadtwerke sowie kleine und mittlere Unternehmen der
Energiewirtschaft privilegierten Zugriff haben", forderte Müller. Es
sei richtig, dass nun aber wieder über alle Themen und über alle
Unternehmen im Markt geredet werde, denn es gehe um ein
Energiekonzept für alle.
Verteilnetze müssen ebenfalls berücksichtig werden
Positiv sei, dass dem notwendigen Netzausbau und der überfälligen
Beschleunigung der Genehmigungsverfahren eine zentrale Rolle im
Eckpunktepapier der Bundesregierung zukomme. Dies trage den Hinweisen
des BDEW Rechnung, dass damit unmittelbar der Erfolg zum weiteren
Ausbau der erneuerbaren Energien verknüpft sei. "Die beabsichtigte
Beschleunigung des Netzausbaus sollte allerdings nicht nur die
Übertragungs-, sondern auch die Verteilnetzebene im Auge behalten.
Denn gerade auch die regionalen und lokalen Verteilnetze müssen
aufgrund des starken dezentralen Zubaus erneuerbarer
Erzeugungsanlagen umgebaut werden", erläuterte Müller. Dies sollte
bei der weiteren Konkretisierung des Energiekonzeptes berücksichtigt
werden.
System zur Marktintegration erneuerbarer Energien notwendig
Der BDEW begrüßt, dass sich das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
nach dem Willen der Bundesregierung stärker am Markt orientieren
soll. Der weitere Ausbau der Erneuerbaren soll letztlich
marktgetrieben erfolgen. Bis zum Jahr 2012 soll eine optionale
Marktprämie eingeführt werden und der Ausgleichsmechanismus im
Bereich der EEG-Strom-Vermarktung an der Börse weiterentwickelt
werden, um zu einer stärker bedarfsgerechten Erzeugung und Nutzung zu
kommen. Zudem soll die Grünstromvermarktung ohne EEG-Umlageerhöhung
weiterentwickelt werden. "Wir fordern seit Längerem ein System zur
Integration der Erneuerbaren. Die Einführung einer Marktprämie ist
eine Möglichkeit dafür. Bedauerlich ist, dass dieses Modell erst mit
der EEG-Novelle 2012 umgesetzt werden soll. Eine Umsetzung wäre aus
unserer Sicht bereits 2011 möglich und sinnvoll", sagte die
Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.
Finanzierung und Volumen des Effizienzsfonds unklar
Zur Umsetzung sehr ambitionierter Energieeffizienzziele spricht
sich die Bundesregierung grundsätzlich für Eigenverantwortung statt
Bürokratie aus. Es soll unter anderem das Pilotvorhaben zu
sogenannten "Weißen Zertifikaten" ins Leben gerufen werden. So soll
überprüft werden, ob mit Zertifikaten kostengünstig Einsparpotentiale
erschlossen werden können. Dabei will die Regierung auch den BDEW
einbinden. Müller: "Der BDEW wird in diesem Zusammenhang für eine
sorgfältige Prüfung der Kosten-Nutzen-Aspekte sorgen."
Die Bundesregierung hat außerdem angekündigt, beim
Bundeswirtschaftsministerium einen Energieeffizienzfonds aufzulegen.
Weder die Finanzierung, noch das Volumen sind aber bislang definiert,
stellt der BDEW fest. Aus dem Fonds sollen unter anderem Maßnahmen
wie Energie- und Stromsparchecks für private Haushalte,
Energiemanagementsysteme für kleine und mittlere Unternehmen oder
kommunale Effizienzmaßnahmen finanziert werden. "Eine Initiative
Energieeffizienz der Bundesregierung mit dem Ziel der Information und
Beratung sollte allerdings unbedingt auf bestehende Initiativen der
Wirtschaft zurückgreifen", betonte Müller. Die Einbeziehung der
Kundenservicestellen der Energieversorger und deren qualifizierte
Kundenberatung zum Energiesparen würden zum Erfolg der Initiative
entscheidend beitragen. Hildegard Müller: "Hier bieten bereits über
1.000 BDEW-Mitgliedsunternehmen interessante Angebote an."
Ausdrücklich zu begrüßen sei der Einsatz von Finanzmitteln für
kommunale Effizienzmaßnahmen zum Beispiel bei der Straßenbeleuchtung
oder beim Energieeinsatz in Krankenhäusern. Auch die von der
Regierung geplante Unterstützung von Modellprojekten sowie von
Information und Bildung in den Kommunen könne insbesondere den
kommunalen Energieversorgern zugute kommen.
Laufzeitverlängerung muss allen zugute kommen
Erfreulich sei, dass erstmals eine Bundesregierung die
Entscheidung über die Laufzeiten von Kernkraftwerken in ein
umfassendes Energiekonzept eingebettet habe. "Enttäuschend ist aber
die fehlende Konkretisierung hinsichtlich einer wettbewerbsneutralen
Ausgestaltung der Laufzeitverlängerung. Hier muss als finanzieller
Ausgleich unter anderem auch eine verstärkte Förderung von
Kraft-Wärme-Kopplung erfolgen. Wichtig ist jetzt, dass der Fonds, der
durch Sonderbeiträge der Kernkraftwerksbetreiber gebildet wird,
insbesondere den Stadtwerken sowie den kleinen und mittleren
Unternehmen der Energiewirtschaft nutzbar gemacht wird. Sollte der
Hinweis im Eckpunktepapier auf eine geplante Kosten-Nutzen-Analyse
der KWK-Förderung das Ziel haben, die KWK-Förderung zu Gunsten des
Emissionshandels aufzugeben oder einzuschränken, so wäre dies aus
unserer Sicht energiewirtschaftlich nicht akzeptabel", erklärte die
Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.
Geplante Gebäudesanierung ist extrem ambitioniert
Die Bundesregierung stellt in ihrem Energiekonzept besonders die
"gewaltigen" Minderungspotenziale im Wärmemarkt heraus. 40 Prozent
des Endenergieverbrauchs und etwa ein Drittel der CO2-Emissionen
entfallen auf den Wärmemarkt. "Die Ziele, die sich die
Bundesregierung dabei für die energetische Gebäudesanierung setzt,
sind extrem ambitioniert. Den Wärmebedarf aller Gebäude über 80
Prozent zu senken, bedeutet faktisch einen großen Teil der Gebäude
quasi komplett zu sanieren. Wie soll das gehen? Es muss allen
Beteiligten klar sein, dass dies immense Anstrengungen erfordert, die
viel Geld kosten", sagte Müller.
Erdgasfahrzeuge sind sinnvolle Option für Mobilitätsmarkt
Der BDEW begrüßt ausdrücklich, dass die Bundesregierung den
Wegfall der befristeten Steuerbegünstigung von Erdgasfahrzeugen
beschlossen hat. Voraussetzung ist laut dem Energiekonzept die
Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz. Müller: "Der BDEW hat immer
wieder darauf hingewiesen, dass mit Bioerdgas betriebene
Erdgasfahrzeuge bereits heute als Option für CO2-neutrale Mobilität
am Markt verfügbar sind." Bei der Elektromobilität bekennt sich die
Bundesregierung zu den im Rahmen der nationalen Plattform
Elektromobilität vereinbarten Zielen. Zur Förderung der
Elektromobilität sollen im nächsten Schritt durch eine Änderung der
Kennzeichnungsverordnung Elektrofahrzeuge im Straßenverkehr
privilegiert werden, zum Beispiel mit der Erlaubnis, die Busspur oder
öffentliche Parkplätze kostenlos nutzen zu können. "Aus Sicht des
BDEW wäre aber insbesondere eine verstärkte Förderung von Forschung
und Entwicklung wünschenswert", so Müller.
Stärkere Energieforschung ist richtig
Der BDEW betont, dass die vereinbarten Maßnahmen der
Bundesregierung zur Stärkung der Energieforschung in Deutschland
richtig seien. Hildegard Müller: "Insbesondere die Idee zur
Einrichtung einer Förderinitiative zum Thema "Netze und
Energiespeicher" ist zu befürworten. Dass zukünftig 300 Millionen
Euro pro Jahr zusätzlich für dringend benötigte Forschungsbemühungen
auf dem Energiesektor zur Verfügung gestellt werden, ist ein
wichtiger und notwendiger Schritt auf dem Weg zum Übergang in das
Zeitalter der erneuerbaren Energien."
Auch andere europäische Länder müssen sich Wettbewerb stellen
Der europaweite Netzausbau nimmt bei den Überlegungen der
Bundesre-gierung viel Raum ein. Sie kündigt eine Planungs- und
Normungsinitiative an. Unklar ist nach Einschätzung des BDEW
allerdings, welche Rolle sich die Bundesregierung dabei zumisst. Die
von der Europäischen Union beliehene europäische Organisation der
Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E ist bereits im Begriff,
entsprechende Standardisierungen im Rahmen des
10-Jahres-Netzentwicklungsplans vorzunehmen. Angekündigt wird auch
eine aktive Begleitung des angekündigten EU-Infrastrukturpakets
verbunden mit der Forderung nach einer ausgeweiteten Finanzierung von
Netzprojekten. Hildegard Müller: "Aus Sicht der Energiewirtschaft ist
eine europaweite Abstimmung der Netzplanung grundsätzlich hilfreich.
Dabei muss aber darauf gedrängt werden, dass sich auch andere Länder
endlich für den Wettbewerb öffnen."
Energiewirtschaft wird Akzeptanzinitiative unterstützen
Die Bundesregierung erkennt in ihrem Energiekonzept an, dass der
Umbau zu einer nachhaltigen Energieversorgung sowie die dafür
erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen nur gelingen können, wenn die
künftige Energiepolitik für die Bevölkerung verständlich und
nachvollziehbar ist. Mit ihrer Ankündigung, gemeinsam mit
Wirtschafts- und Umweltverbänden und allen interessierten gesellschaftlichen Gruppen nach Wegen zu suchen, wie der
energiepolitische Konsens verbreitert werden kann, geht die
Bundesregierung auf eine zentrale Forderung des BDEW ein. "Der BDEW
hat eine nationale Akzeptanzinitiative immer wieder angemahnt. Die
Durchsetzung wichtiger Infrastrukturvorhaben ist eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Energieversorger brauchen bei
diesen wichtigen Auseinandersetzungen vor Ort die Rückendeckung der
Politik und anderer Akteure", erläuterte Müller. Der BDEW sei zum
Dialog bereit und werde ab Ende September im Rahmen einer eigenen
Dialog-Offensive das Thema aufgreifen, um den Einstieg in eine
konstruktive, ideologiefreie Debatte zu beschleunigen.
"In den kommenden Monaten wird es eine Vielzahl von
Konkretisierungen und Einzelgesetzgebungen geben. Der BDEW wird
diesen Prozess konstruktiv begleiten und sich weiterhin für eine
wettbewerbsneutrale Ausgestaltung der zukünftigen Energiepolitik
einsetzen", erklärte die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.
Originaltext: BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/81464
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Pressekontakt:
Frank Brachvogel
Pressesprecher
BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft
Reinhardtstraße 32
10117 Berlin
Tel: 030/300199-1160
Fax: 030/300199-4190
presse@bdew.de
www.bdew.de
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