Bain-Studie "Zukunftsmarkt LKW-Vermietung": LKW-Hersteller erobern den Mietmarkt
Geschrieben am 20-09-2010 |
München (ots) -
- Markt für schwere Miet-LKW wächst nach der Krise kräftig
- Geschwächte Vermieter können Marktwachstum nicht aufnehmen
- Hersteller nutzen die Chance, dieses strategisch wichtige Feld
zu besetzen
- Neben klaren Chancen birgt der Vermietungsmarkt auch neue
Risiken
Die Wirtschaftskrise hat bei den Speditionen zu einer
Flexibilisierung der Flotte durch einen höheren Mietanteil geführt.
Dies wird den Vermietmarkt für LKW in Deutschland wie auch in vielen
anderen europäischen Ländern nachhaltig stärken. Gleichzeitig
befinden sich die herstellerunabhängigen LKW-Vermieter nach der Krise
in einer Schwächephase. Die LKW-Hersteller nutzen die Situation, um
dieses strategisch wichtige und ertragsstarke Geschäft zu erobern.
Der Absatz schwerer LKW unterliegt von je her starken
konjunkturellen Schwankungen. 2009 reduzierte er sich von 102.000 auf
61.000 Einheiten. Das Kraftfahrtbundesamt verzeichnete über 60.000
Abmeldungen bei mautpflichtigen LKW in den ersten neun Monaten des
Jahres 2009. Einige LKW-Vermieter konnten weniger als die Hälfte
ihres Fuhrparks vermieten, was zu einer Serie von Insolvenzen und
Beinahe-Insolvenzen gerade bei kleinen und mittelständischen
Unternehmen führte. Die überlebenden Firmen haben ihre Flotten fast
ausnahmslos um zehn bis 50 Prozent verringert.
In der Jahresmitte 2010 führte der Aufschwung zu einem Boom bei
der Vermietung schwerer LKW. Denn die Speditionen zögern angesichts
oft kürzer laufender Transportverträge und verhaltener
Konjunkturprognosen noch bei der Anschaffung neuer LKW. Sie
bevorzugen den zwar absolut gesehen teureren, dafür aber flexibleren
und weniger kapitalintensiven Weg der Miete. Die Folge ist, dass
derzeit kaum noch unvermietete Einheiten auf dem Markt zu haben sind
und Vermieter eine zunehmend wichtige Kundengruppe für die
LKW-Hersteller werden. Gleichzeitig nutzen die LKW-Hersteller den
Boom, um eigene, markenexklusive Vermietungen aus- und aufzubauen.
Die Vermietung hat in Deutschland und in vielen anderen
europäischen Ländern noch großes Wachstumspotenzial: Während in
Großbritannien und Skandinavien zwischen 25 und 30 Prozent aller neu
zugelassenen schweren LKW vermietet werden, waren es in Deutschland
bis zum Jahr 2006 nur vier bis fünf Prozent. Im letzten Jahr stieg
dieser Anteil bereits auf sieben Prozent und wächst weiter. "Unserer
Analyse zufolge werden bereits 2013 zehn Prozent aller neuen LKW in
die Miete gehen", sagt Dr. Jörg Gnamm, Partner und
Nutzfahrzeug-Experte bei Bain & Company. "Und innerhalb von zehn
Jahren könnte der Mietanteil dauerhaft auf bis zu 20 Prozent
steigen." Welches Potenzial die Miete hat, zeigt der US-Markt, in dem
rund die Hälfte aller neu zugelassenen schweren LKW Mietfahrzeuge
sind. "Das Vermietgeschäft bietet die Chance, unseren Kunden ein noch
breiteres und flexibleres Angebot zur Steigerung ihrer
Transporteffizienz zur Verfügung zu stellen und sie über längere
Zeiträume zu begleiten. So wird es künftig an jedem MAN Truck & Bus
Center auch einen MAN-Rental-Stützpunkt geben", sagt Dr. Frank
Hiller, Vorstand Marketing, Sales und Services der MAN Nutzfahrzeuge
AG.
Strategisch wichtiger Markt für LKW-Hersteller
Europaweit ist der LKW-Mietmarkt derzeit überwiegend in der Hand
herstellerunabhängiger Vermieter, die meist mehrere LKW- und
Trailer-Marken anbieten. In Deutschland sind vor allem
herstellereigene Vermieter stark, die hierzulande rund 30 Prozent des
Mietmarkts abdecken. Mercedes-Benz bietet über die Tochter CharterWay
bereits seit 1992 Miet-LKW an und auch Volvo Financial Services ist
langjährig in der Vermietung aktiv. 2007 etablierte sich DAF mit der
Übernahme des Truck Center Hauser durch seinen Finanzarm PacLease. Im
darauffolgenden Jahr wurden ScanRent und MAN Rental gegründet. 2009
übernahm MAN zudem die Mehrheit am Vermieter EURO-Leasing und belegte
aus dem Stand Platz zwei in der Kundenwertung, nur knapp hinter
CharterWay. Im Juli 2010 startete Renault unter dem Label Renault
Trucks Rent & Drive eine Mietkooperation mit einem großen Händler.
Somit ist nur noch IVECO ohne eigenen deutschen Vermietarm.
"Die europäischen Hersteller haben in den vergangenen Jahren
erkannt, dass sie in das Vermietgeschäft einsteigen müssen", sagt
Bain-Experte Gnamm. "Das derzeitige und noch zu erwartende Wachstum
des Mietmarkts bietet ihnen eine gute Gelegenheit, dieses Geschäft
profitabel und ohne Anlaufverluste auszubauen."
Für den Einstieg der LKW-Hersteller in den wachsenden Mietmarkt
gibt es eine Reihe von Gründen mit hoher strategischer Bedeutung:
Bindung des Kundenstamms: Wächst der Mietmarkt wie von Bain &
Company prognostiziert bis 2013 auf zehn Prozent des Neuwagenmarkts,
läuft ein Hersteller ohne attraktive Mietangebote Gefahr, bis zu zehn
Prozent seines Kundenstamms zu verlieren. Die Mehrheit dieser Kunden
kann erhalten werden, wenn eigene attraktive Mietangebote vorhanden
sind. Etwa zwei Prozent der Kunden wechseln auch dann zu einer
anderen Marke. Ein eigenes Mietangebot erlaubt aber auch, abwandernde
Kunden vom Wettbewerb zu gewinnen.
Ausschöpfen zusätzlicher Ertragspotenziale: Miet-LKW verlängern
die Wertschöpfungskette der LKW-Hersteller erheblich, indem sie
zusätzliche Erträge schaffen - nicht nur bei Mieteinnahmen, Wartung
und Ersatzteilen, sondern auch bei Dienstleistungen wie
Reifenservice, Mautabrechnung, Telematik-Mehrwertdiensten wie der
laufenden Überwachung und Dokumentation von Transporten sowie dem
anschließenden Gebrauchtfahrzeuggeschäft.
Sicherung der Werkstattauslastung: Da die herstellereigenen
Miet-LKW ausschließlich in Vertragswerkstätten gewartet und mit
herstellereigenen Ersatzteilen ausgestattet werden, wird durch das
Vermietgeschäft die Auslastung des markeneigenen Servicenetzes
gestärkt. Das kurbelt zugleich das für den Gesamtertrag der Marke
wichtige Aftersales-Geschäft mit Ersatzteilen an.
Erschließung neuer Märkte: Für Hersteller kann die Vermietung von
LKW zudem ein Mittel sein, um bisher schwach oder noch gar nicht
penetrierte Länder zu erschließen. In vielen Märkten gibt es noch
Potenziale für einen höheren Mietanteil, die dazu genutzt werden
können, Kunden mit der eigenen Marke vertraut zu machen.
Vermietungs-Risiken müssen kontrolliert werden
Durch den Einstieg in das Vermietgeschäft erhöhen LKW-Hersteller
jedoch nicht nur ihre Ertragspotenziale, sondern auch das im Konzern
gebundene Kapital erheblich. Dies lässt die operativen und zyklischen
Risiken steigen. Zum Ausgleich muss eine möglichst gute
Auslastungsquote der Vermietflotte im laufenden Geschäft erreicht
werden, um den operativen Cashflow zu optimieren.
"Hersteller erreichen in der Vermietung nur eine geringe
Rentabilität des eingesetzten Kapitals, die mit durchschnittlich rund
drei Prozent deutlich unter der von herstellerunabhängigen Vermietern
liegt", sagt Bain-Berater Gnamm. Der Grund hierfür liegt in der
ausschließlichen Nutzung der teuren Markenwerkstätten und
Markenersatzteile sowie in vergleichsweise geringen Rabatten für die
eigenen Vermiettöchter. "Systemweit wird diese geringere Rentabilität
jedoch durch zusätzliche Erträge im Neuwagengeschäft, in der Wartung,
bei Ersatzteilen und im anschließenden Gebrauchtwagengeschäft
kompensiert", so Gnamm.
Durch die Vermietung steigen die mittelfristigen zyklischen
Risiken von LKW-Herstellern. Die Nutzfahrzeugbranche ist traditionell
hohen Konjunkturschwankungen ausgesetzt. In konjunkturell schwachen
Zeiten werden die Kunden ihre Mietfahrzeuge zuerst stilllegen - in
der letzten Krise durchschnittlich 30 Prozent. Diese LKW können in
Krisenzeiten zunächst weder verkauft noch neu vermietet werden,
sondern sind vorübergehend brachliegendes Kapital. "Hersteller, die
in nennenswerten Dimensionen ins Vermietgeschäft einsteigen, müssen
deshalb eine adäquate Risikovorsorge betreiben", rät Bain-Partner
Gnamm.
Originaltext: Bain & Company
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/19104
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_19104.rss2
Pressekontakt:
Leila Kunstmann-Seik
Bain & Company Germany, Inc.
Karlsplatz 1, 80335 München
Tel: +49 (0)89 5123 1246, E-Mail: leila.kunstmann@bain.com
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