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Umweltminister Röttgen bereitet Ende von Abfallvermeidung und Ressourcenschonung vor

Geschrieben am 22-09-2010

Berlin (ots) - Pressemitteilung

Abfallverbrennung soll künftig dem stofflichen Recycling
gleichgestellt werden - Der BMU-Entwurf für das neue
Kreislaufwirtschaftsgesetz vermeidet Anreize zur Abfallvermeidung und
Ressourceneffizienz - Umweltminister Röttgen will pauschale Ausnahmen
für Abfälle mit hohem Heizwert und bereitet damit das Ende des
Recycling vor - Deutsche Umwelthilfe zweifelt EU-Rechtskonformität
des Gesetzesentwurfes an

Vor einer eklatanten Fehlentwicklung in der Abfallpolitik in
Deutschland warnt die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH). Der vom
Bundesumweltministerium vorgelegte Referentenentwurf für das neue
Kreislaufwirtschaftsgesetz bestätigt den Verdacht, dass
Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) weder die Vermeidung von Abfall
stützt, noch eine effiziente Rohstoffwirtschaft gesetzlich fördern
will. "Der Gesetzesentwurf ist eine der im Umweltministerium derzeit
beliebten 'Brücken in die Vergangenheit' und verabschiedet sich vom
Ziel der Abfallvermeidung und ressourceneffizienten
Kreislaufführung", sagte DUH-Bundesge¬schäftsführer Jürgen Resch.
"Mit der geplanten Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie in der
vorgelegten Form würde Deutschland nicht nur gegen EU-Recht
verstoßen, sondern auch seine frühere Vorreiterrolle in der
Kreislaufwirtschaft endgültig aufgeben."

Resch forderte Umweltminister Röttgen auf, den Inhalt der
EU-Abfallrahmenrichtlinie rechtskonform umzusetzen. Danach hat die
Abfallvermeidung die oberste Priorität der Abfallwirtschaft und
Wiederverwendung und stoffliches Recycling den Vorzug vor der
energetischen Verwertung von Abfällen. Zudem forderte Resch die
Bundesregierung auf, im Rahmen der Novellierung des
Kreislaufwirtschaftsgesetzes den Vollzug der Abfallgesetzgebung durch
die Bundesländer endlich sicherzustellen.

Das Bundesumweltministerium hat im August den Referentenentwurf
des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes veröffentlicht. Das neue
Gesetz wird die EU-Abfallrah¬menrichtlinie in nationales Recht
umsetzen. Dafür bleibt nicht mehr viel Zeit: Nach EU-Recht müssen die
neuen Regelungen bis spätestens 12. Dezember 2010 umgesetzt werden.
Morgen (Donnerstag, 23.09.2010) findet im Bundesumweltministerium
eine Anhörung zum Entwurf statt. Die DUH kritisiert die ganz
offensichtliche Absicht der Bundesregierung, sich von der
Recyclinggesellschaft zu verabschieden. Insbesondere drei geplante
Regelungen bedrohen eine ressourcenschonende Abfallwirtschaft:

1. Abfallvermeidung hat Priorität, aber im Entwurf fehlen konkrete
Ziele Die Vermeidung von Abfällen hat in der europäischen
Gesetzgebung erste Priorität und sollte dies auch im geplanten
Kreislaufwirtschaftsgesetz haben. Das Bundesumweltministerium
verzichtet jedoch auf konkrete und verbindliche Ziele zur
Abfallvermeidung - beispielsweise als jährliche, prozentuale
Reduktion des Pro-Kopf-Abfallaufkommens. Stattdessen bleibt die
Abfallvermeidung im Referentenentwurf bei einer unverbindlichen
Willensbekundung. "Ohne konkrete Ziele und Umsetzungsmechanismen zur
Abfallvermeidung fehlt in der Praxis jeglicher Anreiz, Abfälle
entsprechend der ersten Stufe der Abfallhierarchie zu vermeiden",
erklärt Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft bei der DUH.

2. Vorgeschlagene Recyclingziele bis 2020 sind bereits überholt
Die im Referentenentwurf vorgesehenen Quoten für das Recycling und
die stoffliche Verwertung von Siedlungsabfällen (65 Prozent) und
nicht gefährlichen Bau- und Abbruchabfällen (80 Prozent) bis 2020
sind zu niedrig.

In Deutschland wurden bereits 2008 64 Prozent der Siedlungsabfälle
und 89 Prozent der Bau- und Abbruchabfälle recycelt und stofflich
verwertet. "Ein Ziel ist ein definierter und angestrebter Endpunkt
eines Prozesses - nicht eine Darstellung des Ist-Zustandes. Die im
Gesetzentwurf vorgesehenen Recyclingquoten sind in der Praxis bereits
erreicht und entsprechend als Zielvorgaben zur Förderung von
Ressourcenschonung und Recycling in Deutschland völlig ungeeignet",
kritisiert Elander. Die Umsetzung der vom BMU vorgeschlagenen Quoten
wäre ein Signal an die Verbraucher und an die Beteiligten der
Kreislaufwirtschaft, dass der Gesetzgeber Recycling nicht weiter
fördern will und die Ressourceneffizienz im rohstoffarmen Deutschland
nicht erhöhen will.

Die DUH fordert bis 2020 eine rechtsverbindliche 85 prozentige
Recyclingquote für Siedlungsabfälle und eine ebenso
rechtsverbindliche Quote für die stoffliche Verwertung von Bau- und
Abbruchabfällen in Höhe von 95 Prozent - jeweils mit konkreten
Zwischenzielen bis 2014 und 2017. Es muss aus Sicht der Umwelt- und
Verbraucherorganisation auch klar definiert werden, welche
Abfallbehandlungsmaßnahmen zur Erfüllung der Quoten beitragen.
Niederwertige Downcycling-Verfahren dürften nicht in die Quoten
eingehen.

3. Das BMU hebelt die Abfallhierarchie aus und stellt energetische
Verwertung von hochkalorischen Abfällen neben jede andere Form der
Verwertung

Die in der EU-Richtlinie festgeschriebene fünfstufige
Abfallhierarchie ist eine Voraussetzung dafür, dass Abfälle
grundsätzlich so hochwertig und ressourceneffizient wie möglich
verwertet werden. Nach der Abfallrahmenrichtlinie dürfen nur dann
Ausnahmen für bestimmte Abfallströme getroffen werden, wenn dies aus
Lebenszyklusdenken gerechtfertigt ist.

Der Referentenentwurf setzt die fünfstufige Abfallhierarchie aus
der EU-Abfallrah¬menrichtlinie vordergründig korrekt um. Tatsächlich
wird sie allerdings durch eine pauschale Ausnahmeregelung für Abfälle
mit hohem Brennwert negiert, die in der Praxis zu einer verstärkten
Verbrennung statt Recycling führt. "Die Bundesregierung hatte bereits
beim Zustandekommen der EU-Richtlinie erfolglos gegen die fünfstufige
Abfallhierarchie angekämpft und war am Widerstand der Kommission und
umweltengagierten EU-Staaten gescheitert. Sollte Umweltminister
Röttgen im Kreislaufwirtschaftsgesetz die Abfallhierarchie aushebeln
werden wir die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen
Deutschland initiieren", so Resch.

Der Referentenentwurf stellt die energetische Verwertung von
Abfällen mit einem Heizwert von mindestens 11.000 kJ/kg gleich mit
Recycling und Vorbereitung zur Wiederverwendung. Aus den fünf Stufen
der Abfallhierarchie werden also für diese Abfälle wieder drei. Aus
Sicht der DUH können alle Abfälle, die einen Heizwert über 11.000
kJ/kg haben - was beispielsweise praktisch für alle Kunststoffabfälle
zutrifft, nicht als ein "bestimmter Abfallstrom" betrachtet werden;
vielmehr geht es hier um eine pauschale Ausnahme. Es ist auch nicht
erkennbar, wie diese Ausnahme durch das in der Abfallrahmenrichtlinie
geforderte Lebenszyklusdenken gerechtfertigt sein sollte.

Hintergrundinformationen

Die schriftlichen Stellungnahmen der DUH zum Referentenentwurf und
zum Arbeitsentwurf des neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes könnten
unter
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2392
heruntergeladen werden.

Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V.
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil.: 0171 3649170, resch@duh.de

Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-41, 0160
5337376, elander@duh.de

Ulrike Fokken, Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-86, 0151
55017009, fokken@duh.de


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