Logopäden: Sprachförderprogramme dürfen nicht zur Förderfalle werden Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen brauchen logopädische Diagnostik und Therapie
Geschrieben am 15-09-2006 |
Berlin (ots) - "Die Programme zur vorschulischen Sprachförderung, die für viele sprachschwache Kinder eine große Chance darstellen, können für Kinder mit einer Sprachentwicklungsstörung zur Förderfalle werden", warnte heute Dr. Monika Rausch, Präsidentin des Deutschen Bundesverbandes für Logopädie (dbl), anlässlich des Europäischen Logopädenkongresses in Berlin. "Die Gefahr besteht darin, dass Kinder trotz therapiebedürftiger Störungen an allgemeine Förderprogramme verwiesen werden, statt eine individuelle Behandlung zu erhalten", so Dr. Rausch weiter. Sie forderte die für den Gesundheits- und den Bildungsbereich Verantwortlichen auf, die logopädische Diagnostik stärker einzusetzen, um sicher zwischen Förder- und Therapiebedarf zu unterscheiden. Dies sei mit den vorhandenen diagnostischen Instrumenten bereits ab einem Alter von zwei bis drei Jahren möglich.
"Durch die Teilnahme an für alle sprachauffälligen Kinder konzipierten Fördermaßnahmen kann eine echte Sprachentwicklungsstörung nicht überwunden werden", so die dbl-Präsidentin. Das sei so, als ließe man alle Kinder, die auffällig häufig erkältet sind, zu morgendlichen Wechselduschen im Kindergarten antreten, ohne sorgfältig zu überprüfen, ob die Ursache für die Infektion mangelnde Bewegung an der frischen Luft oder eine angeborene Immunerkrankung ist.
Zu solchen Fehlentscheidungen könne es aus drei Gründen kommen, so Dr. Rausch. Erstens sei auch in der Ärzteschaft der Mythos verbreitet, dass soziale Faktoren, wie beispielsweise eine mangelnde sprachliche Anregung durch die Eltern, ursächlich für die Entstehung von Sprachentwicklungsstörungen seien, denen man mit pädagogischen Mitteln begegnen könne. "Dabei ist sich die Fachwelt einig, dass die genetische Prädisposition der entscheidende Faktor ist", betonte Dr. Rausch.
Zweitens halte sich hartnäckig die Fehleinschätzung, dass alle Kinder, auch diejenigen mit einer Sprachentwicklungsstörung, von Sprachförderangeboten profitieren. "Dabei ist wissenschaftlich bewiesen, dass bei solchen Kindern nach dem dritten Lebensjahr mit einer allgemeinen Förderung keinerlei Aufholeffekte mehr zu erreichen sind", so Dr. Rausch.
Drittens sei im Hinblick auf bilinguale Kinder mit Sprachauffälligkeiten der Irrtum weit verbreitet, diese lägen "natürlich" im gleichzeitigen Erlernen mehrerer Sprachen begründet und das Kind brauche einfach nur mehr Zeit und Förderung. "Studien belegen aber, dass das Risiko für eine Sprachentwicklungsstörung bei bilingualen Kindern sogar eher geringer ist als bei Kindern, die nur eine Sprache sprechen. Wenn jedoch eine Störung auftritt, ist diese in der Regel bei mehrsprachigen Kindern besonders schwer", so die dbl-Präsidentin.
"Wir Logopäden begrüßen den Aufbau von flächendeckenden Sprachförderprogrammen für Kinder mit sprachlichen Auffälligkeiten. Diese dürfen aber nicht dazu führen, dass Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen die großen Verlierer sind", so Dr. Rausch.
Fotos und Grafiken zum Thema stehen unter http://www.dbl-ev.de/redaktion/cplolkongress/index.cgi zum Download bereit.
Originaltext: Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V. Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=34356 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_34356.rss2
Pressekontakt: V.i.S.d.P.: Lucas Rosenthal, Deutscher Bundesverband für Logopädie (dbl),
Weitere Informationen: Deutscher Bundesverband für Logopädie, Augustinusstr. 11 a, 50226 Frechen, Pressereferat, M. Feit, Tel.: 02234/37953-27, Fax: 02234/37953-13, E-Mail: feit@dbl-ev.de, Internet: www.dbl-ev.de.
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