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Pressemeldung von Klaus D. Thannhuber: Machtspiele

Geschrieben am 15-09-2006

Singen (ots) - In Sachen Privatbank Reithinger hat die
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unter ihrem
Chef, Jochen Sanio, gestern den Entschädigungsfall für die Einleger
verkündet und gleichzeitig Insolvenzantrag gestellt. Dies bedeutet
zum einen, dass die Einleger der Bank trotz des verhängten
Moratoriums endlich an ihre Ersparnisse kommen. Es bedeutet zum
anderen aber auch, dass eine funktions- und wettbewerbsfähige
Privatbank verschwindet, an die 40 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz
verlieren und ein Anlegerschaden entsteht, der von Experten auf ca.
50-70 Mio. EUR geschätzt wird. Damit stellt sich für die betroffenen
Anleger, die einen Teil ihres Geldes verlieren werden, natürlich die
Frage: Hat die BaFin alles getan, um diesen Anlegerschaden zu
vermeiden - wie es ihr gesetzlicher Auftrag ist?

Bei einer Insolvenz ist eigentlich alles klar. Da hat wieder ein
Management versagt, sich verspekuliert, ein Unternehmen war nicht
wettbewerbsfähig. Der Insolvenzantrag war die logische Folge von
Fehlverhalten. War dies auch bei der Privatbank Reithinger so?

Aufhorchen ließ in den letzten Wochen die Stellungnahme des
Treuhänders Dr. Janka, eines bankerfahrenen Sanierungsexperten, dem
der bisherige Eigentümer der Privatbank Reithinger schon im März 2006
seine Beteiligung samt Stimmrechten übertragen hat. Dr. Janka stellte
nach Schließung der Bank am 02.08.06 fest:

1) Es ist nicht zu verantworten, dass die BaFin eine Bank schließt
und dadurch Schaden in Millionenhöhe für die Anleger verursacht, wenn
ihr auch mildere Mittel zur Verfügung stehen.

2) Zum Zeitpunkt der Schließung durften nach vorsichtiger Planung
sämtliche Kunden der Bank mit einer vollständigen Befriedigung ihrer
Ansprüche zu den vereinbarten Fristen rechnen.

3) Die Schwerpunkte in der Begründung der BaFin zum
Schließungsbescheid liegen stets bei Sachverhalten, die seit
mindestens 6 Monaten nicht mehr aktuell sind.

4) Das Kerngeschäft der Bank sorgt für eine ausgeglichene
Ertragslage bis in das Jahr 2010.

5) Der Verweis auf die Verluste der Bank in der Vergangenheit geht
fehl, weil schon das Jahr 2005 nach kritischer Würdigung der
Abschlussprüfer mit einem operativen Gewinn endete.

Die Privatbank Reithinger hat in der von ihr zum 31.03.2006
erstellten Jahresbilanz 2005 einen Jahresüberschuss von 1,8 Mio. EUR
ausgewiesen. Der von der BaFin ins Gespräch gebrachte Verlust in Höhe
von 4,5 Mio. EUR bezieht sich auf nachträglich geforderte
Wertberichtigungen und ist noch nicht endgültig festgestellt. Dieser
Verlust könnte nach Auskunft von Dr. Janka auch wesentlich niedriger
liegen.

Die BaFin wird den betroffenen Anlegern und Arbeitnehmern erklären
müssen, warum sie das Bankhaus geschlossen, den Anlegern Verluste
zugemutet und Arbeitsplätze vernichtet und anderen Möglichkeiten
keine Beachtung geschenkt hat.

- Vorwürfe gegen den früheren Eigentümer gehen fehl, da dieser
seine Beteiligung und Stimmrechte schon im März 2006 abgegeben hat.

- Vorwürfe gegen die Geschäftsleitung der Bank gehen ebenfalls
fehl, weil sie ebenfalls vom Treuhänder ausgetauscht worden ist.

- Vorwürfe gegen die Organisation der Bank gehen ebenfalls fehl,
weil der Treuhänder seit März dieses Jahres ein umfangreiches
Restrukturierungsprogramm umgesetzt hat.

- Und sollte die Bank einen Jahresverlust 2005 ausweisen, dann hat
diesen der Eigentümer zu tragen und nicht die Anleger.

Im Schließungsbescheid der BaFin wurde angeführt, dass das
Fortführungskonzept der Bank durch die negative
Presseberichterstattung gefährdet sei. Dies kann nicht tatsächlich
ernst nehmen, wer verfolgt hat, dass diese negative
Presseberichterstattung von der BaFin bewusst herbeigeführt worden
ist.

- Durch Lancierung von Falschinformationen (siehe Handelsblatt vom
09.08.06 und Focus vom 14.08.06)

- Durch Veröffentlichung von Schriftsätzen aus Gerichtsverfahren
zwischen Bank und BaFin ohne Hinweis darauf, dass es sich hierbei um
unbelegte Behauptungen handelt

- Durch den Vorwurf strafbaren Handelns gegenüber dem Eigentümer.
So wurde dem ehemaligen Eigentümer der Bank vorgeworfen, er hätte
eine "Aushöhlung" der Bank betrieben. Tatsächlich erfolgten Zahlungen
an die beiden Geschäftspartner der Bank auf der Grundlage von
Vereinbarungen, die die BaFin vorher genehmigt hatte.

Die Schließung der Privatbank Reithinger muss vor dem Hintergrund
der vorliegenden Informationen als Willkürakt bezeichnet werden, der
neben dem unmittelbaren Schaden für Anleger, Mitarbeiter und
Bankunternehmen einen gewaltigen Vertrauensschaden hinterlässt. Die
BaFin muss der Öffentlichkeit deshalb erklären, warum sie einen
derartigen Anlegerschaden billigend in Kauf genommen hat und nicht
zumindest - wie in anderen Fällen - den Weg einer stillen Liquidation
gegangen ist.

Wenn die BaFin schon nicht im Interesse der Anleger, der
Mitarbeiter und der Bank gehandelt hat, muss es andere, übergeordnete
Gründe für ihr Vorgehen geben. Zur Beantwortung dieser Frage lohnt es
sich, einige Reden von Herrn Sanio zu studieren. Dort ist immer
wieder davon die Rede, dass es zu viele kleine Privatbanken gäbe und
eine Marktbereinigung Not täte.

Es mag dahingestellt sein, ob es der BaFin erlaubt ist,
Marktordnungspolitik und Wettbewerbspolitik zu betreiben. Tatsache
ist, dass es sich bei den kleinen Privatbanken häufig um
Spezialbanken handelt, die in ihren Marktnischen zur Spitze zählen
und den Großbanken, die den Bundesverband deutscher Banken (BDB)
beherrschen, als lästige Wettbewerber unangenehm sind. Dem
Bundesverband deutscher Banken, einem privaten Monopolverband, kommen
die marktpolitischen Vorstellungen des BaFin-Chefs natürlich sehr
entgegen. Der BDB hat zusammen mit seinem Prüfungsverband rund um den
Einlagensicherungsfonds deutscher Banken ein zwar nicht sichtbares,
aber höchst effizientes repressives System geschaffen, dessen Hilfe
die BaFin zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele gerne annimmt.
Dass diese Schiene funktioniert, wurde erst vor kurzem deutlich
sichtbar, denn es waren die Vertreter des privaten Bankgewerbes, die
Herrn Sanio aufgrund der ungewöhnlichen Vorgänge im Hause der BaFin
von einer kurzfristigen Ablösung bewahrten.

Nimmt es da Wunder, wenn die Privatbank Reithinger just 2 Tage,
nachdem die letzte Bankverbindlichkeit vorfristig getilgt worden ist,
von der BaFin geschlossen wird. Da seit Februar dieses Jahres jede
Überweisung der Privatbank Reithinger von der BaFin zu genehmigen
war, müssen diese Rückzahlungen in Millionenhöhe ausdrücklich von der
BaFin gestattet worden sein. Man darf darüber rätseln, warum
Geschäftsleiter einer Bank in Schwierigkeiten, die jede Liquidität
benötigt, nichts besseres zu tun haben, als Verbindlichkeiten bei
anderen Banken zurückzuzahlen.

Wenn - wie der Treuhänder ausführte - zum Zeitpunkt der Schließung
der Bank bei der Privatbank Reithinger alles noch im Lot war, woher
kommen dann hohen Verluste, die zur Überschuldung geführt haben
sollen?

- Unmittelbar nach Schließung der Bank verlangte die BaFin von den
Geschäftsleitern die Erstellung eines Überschuldungsstatus. Hierzu
findet am 21.08.06 in Bonn ein Gespräch mit der BaFin statt. Die
Geschäftsleiter weigern sich, die Überschuldung der Bank
festzustellen. Sie haben zwei Berechnungen - vor und nach Schließung
der Bank - mitgebracht, die beide keine Überschuldung ausweisen. Es
kommt zu Schuldzuweisungen, die mit dem Rücktritt beider
Geschäftsleiter enden. Vor diesem Hintergrund legt auch der
Treuhänder Dr. Janka sein Amt nieder. Mitten in ihrer schwierigsten
Phase ist die Bank nun führungslos.

- Nun werden zwei der BaFin genehme Geschäftsleiter eingesetzt.
Diese kennen weder die Bank, noch ihre Geschäfte und sind auch nur
zeitweilig in den Räumen der Bank anwesend.

- Die BaFin gibt entgegen dem Wortlaut des Moratoriums keine
Gelder für die Rechtsverfolgung frei. Damit kann sich die Privatbank
Reithinger nicht gegen die ungerechtfertigten Maßnahmen der BaFin mit
Rechtsmitteln zur Wehr zu setzen.

- Die BaFin gibt auch keine Gelder frei, um Verwaltungsleistungen
zu bezahlen. Dies hat zur Folge, dass die Bank seit dem 02.08.06 über
keine aktuellen Zahlen mehr verfügt, auf deren Grundlage
Entscheidungen getroffen und Übernahmeinteressenten über die Bank
informiert werden können.

- Schließlich verweigert die Privatbank Reithinger auf Anweisung
der BaFin die Entgegennahme von Tilgungen auf Kundenforderungen in
Millionenhöhe, obwohl dies während eines Moratoriums ausdrücklich
zulässig ist.

- Am 13.09.06 begründen die von der BaFin eingesetzten
Geschäftsleiter der Privatbank Reithinger eine Überschuldung der Bank
mit dem Wegfall der Kreditforderungen, deren Tilgung die Bank auf
Weisung der BaFin nicht annehmen durfte. Diese Entscheidung treffen
sie ohne aktuelles und belastbares Zahlenmaterial in der Bank.

Mit anderen Worten:

Die BaFin hat die Überschuldung der Bank durch Maßnahmen, die
nicht vom Bescheid über die Schließung der Bank gedeckt sind,
herbeigeführt. Sie hat der Privatbank Reithinger die Möglichkeit
genommen, sich mit Rechtsmitteln gegen die Maßnahmen der BaFin zur
Wehr zu setzen. Und sie hat dafür gesorgt, dass seit Schließung der
Bank keine ordnungsgemäße Verwaltung stattfinden konnte, weshalb sich
eine Prüfung durch Übernahmeinteressenten schwierig und langwierig
gestaltet. Vor allem aber hat sie es forciert, dass die Überschuldung
der Bank durch die eingesetzten Geschäftsleiter festgestellt wird,
ohne dass diese über aktuelles und belastbares Zahlenmaterial
verfügen.

Kann es vor diesem Hintergrund überhaupt noch eine Hoffnung für
die Anleger der Privatbank Reithinger geben, kann der erwartete
Anlegerschaden noch vermieden werden?

Die Hoffnung, dass ein Anlegerschaden vermieden werden kann,
besteht nach wie vor. Es gibt Übernahmeinteressenten, die bereit
sind, die Bank zu übernehmen und zusätzliches Eigenkapital
einzubringen. Der Kaufvertrag mit dem Eigentümer der Bank ist
unterschriftsreif. Allerdings hat sich die Formulierung des
Fortführungskonzepts der Übernehmer aufgrund des nicht zur Verfügung
stehenden aktuellen und belastbaren Zahlenmaterials auf Seiten der
Privatbank Reithinger verzögert.

Ob die Übernahme noch realisiert werden kann, hängt von der
Kooperationsbereitschaft der BaFin ab. Es gibt allerdings in der
jüngeren Vergangenheit zwei Beispiele, wo Bankinstitute auch nach
Insolvenzantrag noch veräußert werden konnten.



Originaltext: Privatbank Reithinger GmbH & Co. KG
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=62961
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_62961.rss2

Kontakt:
Dr. Michael Scheele
Prinzregentenplat 15
81675 München
Telefon: 089 / 41 94 65 - 0
Telefax: 089 / 41 94 65 - 66
E-Mail: office@scheele-law.de


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