Der Tagesspiegel: Innenminister Schäuble verteidigt Merkels Vorgehen bei der Gesundheitsreform: "Mit Machtworten geht das nichts"
Geschrieben am 30-09-2006 |
Berlin (ots) - Der großen Koalition droht nach Ansicht von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ein dauerhafter Ansehensverlust, wenn sie den Streit über die Gesundheitsreform nicht rasch beilegt. "Es schmerzt mich sehr und ärgert mich auch, dass bei den Bürgern ein völlig falscher Eindruck entsteht", sagte Schäuble im Interview mit dem "Tagesspiegel am Sonntag". Es sei falsch, aus dem Streit über die Gesundheitsreform ein Urteil über die Regierungsfähigkeit des Bündnisses abzuleiten. "Und wir würden einen Fehler machen, wenn wir zu lange den Eindruck entstehen ließen, dass es so wäre", sagte Schäuble. Die Gesundheitsreform mache Schwierigkeiten und sei ein "dicker Brocken", aber auf diesem Gebiet hätten Union und SPD bei ihren Vorstellungen am weitesten auseinander gelegen. Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das Prinzip "Gründlichkeit vor Schnelligkeit" hochhalte, habe sie damit recht. "Gründlich haben wir nun aber gearbeitet. Jetzt brauchen wir eine Entscheidung." Er erwarte, dass die Koalitionsrunde am nächsten Mittwoch dies leisten werde.
Schäuble ließ zugleich Kritik am Vorgehen in der Gesundheitspolitik anklingen. Er versuche bei Absprachen zwischen den Koalitionspartnern in der Innenpolitik zu erreichen, "dass wir mit Problemen die Öffentlichkeit erst befassen, wenn wir sie gelöst haben". Er versuche zudem "ein Klima des Vertrauens zwischen den Parteien, aber auch mit den Ländern" zu schaffen.
Der Minister verteidigte Merkel aber gegen Vorwürfe aus der SPD, sie bekomme ihre Parteifreunde in den Ländern nicht in den Griff. Jeder Ministerpräsident sei zunächst den Interessen seines eigenen Landes verpflichtet. "Mit Machtworten geht da nichts", sagte er. Für "diejenigen, die nicht so nah an der Notwendigkeit sind, eine Lösung zustande zu bringen" sei die Versuchung immer da, stärker die Prinzipien der Partei hochzuhalten. "Daraus kann man aber der Bundeskanzlerin keinen Vorwurf machen", sagte Schäuble.
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