LVZ: Leipziger Volkszeitung zur Buchmesse
Geschrieben am 03-10-2006 |
Leipzig (ots) - Schwieriger Spagat Von Gisela HoyerBuchtitel sollten einladen, verführen, vielleicht auch irritieren. "Die letzte Stadt von Afrika", "Kettenkarussel", "Scherben hätten Glück gebracht" oder "Polski Tango" und "Der lange Schatten der Vergangenheit" - so heißen nur einige der Neuerscheinungen dieser Saison. Roths' "Jedermann" und Grass' "Beim Häuten der Zwiebel" haben uns schon über den Sommer beschäftigt: als Angebot von Weltanschauung, als Versuch der Auseinandersetzung mit subjektiver Erfahrung, objektiver Entwicklung und freiem Flug der Fantasie. Mehr oder minder streitbar, mehr oder minder umstritten. Bücher seien, sagte gestern in Frankfurt zur Eröffnung der 58. Buchmesse am Main Deutschlands Außenminister, das früheste und am meisten verbreitete Medium einer Kultur des Dialogs. Bücher seien die geborenen Grenzgänger zwischen Kulturen und Künsten, so Steinmeier weiter. Und mit Blick auf das von ebenso vielen Ängsten wie Chancen begleitete Dasein in einer globalisierten Realität: "Das Eigene ist ohne das Fremde nicht zu begreifen." Nur die üblich schönen Sätze einer Festrede oder ernst gemeinte Feststellungen? Auf einer Veranstaltung wie dieser geäußert, dürfen sie immerhin beim Wort genommen werden. Denn Buchleute leben vom Wort und bauen darauf. Wenn ab heute 7272 Aussteller aus 113 Länder in der Hessen-Metropole in fast 400000 Titeln blättern, über fast 400000 Titel reden und diskutieren, geht's um mehr als 400000 Titel. Es geht um den intellektuellen Diskurs über die Dinge dieser Erde. Rund 1000 Autoren werden auf etwa 2500 Veranstaltungen mit ihrem Publikum ins Gespräch geraten: über Traum und Wirklichkeit, Erinnerung und Wahrheit, Notwendigkeit und Verfallsdaten von moralischen Instanzen, über Dichter und Richter, Werk und Vita und Sprache. Natürlich über die alten und neuen Konflikte des Planeten. Und die falsche Erwartung, dass Literatur irgendetwas lösen helfen könnte. Buchmesse ist, wissen wir von der Leipziger, zuerst fröhlich angeregtes Gedränge. Frankfurt ist, entschieden mehr als Leipzig, außerdem internationales Geschäft. Es soll, will sein Direktor Juergen Boos, ein "Kulturevent der Superlative" sein - mit aller Oberflächlichkeit, die die Jagd nach derlei Rekorden zwangsläufig mit sich bringt, ohne die ein Ereignis dieser Größenordnung aber heutzutage wohl nicht mehr existieren kann. Frankfurt sucht also den Kompromiss wie die Kontroverse - und thematisiert auch Schwieriges. Die anhaltende Konzentration in der Branche etwa oder die allerorten bedrohlich nachlassende Leselust, von der Fähigkeit mal noch gar nicht zu reden. Glückbringende Scherben wird es, außer zwischen Buchdeckeln, auch dieser Tage am Main nicht geben. Eher herrscht die für Kulturmenschentreffen typische familienselige Aufgeräumtheit; da stoßen Gleichgesinnte an. Hoffentlich mit dem Bewusstsein, dass der Spagat, den Markt immer erzwingt, spannend, aber auch gefährlich ist.
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