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Chronisch Kranke dürfen nicht zu Verlierern der Gesundheitsreform werden!

Geschrieben am 12-10-2006

Berlin (ots) -

- Querverweis: Die gemeinsame Stellungnahme der Spitzenverbände
der Leistungserbringer der medizinischen Rehabilitation zum
Referenten-Entwurf (13.10.06) eines "Gesetzes zur Stärkung des
Wettbewerbs in der GKV" (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
GKV-WSG) liegt in der digitalen Pressemappe zum Download vor und
ist unter http://www.presseportal.de/dokumente.html abrufbar -


Gemeinsame Presseerklärung der Spitzenverbände der
Leistungserbringer der medizinischen Rehabilitation zum
Referenten-Entwurf (13.10.06) eines "Gesetzes zur Stärkung des
Wettbewerbs in der GKV" (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz GKV-WSG)


Chronisch Kranke dürfen nicht zu Verlierern der Gesundheitsreform
werden!


Die Spitzenverbände der Leistungserbringer in der medizinischen
Rehabilitation weisen darauf hin, dass die jetzt anstehende, neue
Gesundheitsreform einen gefährlichen Rückschritt enthält. Das seit
dem Jahr 2004 im Sozialgesetzbuch V enthaltene Versprechen, die
Belange behinderter oder chronisch kranker Menschen in besonderer
Weise zu berücksichtigen (§ 2a), wird wieder rückgängig macht.

Denn künftig soll es, folgt man dem vorliegenden Referentenentwurf
zum GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz, gerade bei denjenigen Leistungen
der Krankenversicherung, die chronisch kranken oder behinderten
Menschen beim Umgang mit ihrer Erkrankung und der Teilnahme am
täglichen Leben helfen sollen - den Leistungen der medizinischen
Rehabilitation - eine Zwei-Klassen-Gesellschaft geben.


1. Alle medizinischen Rehabilitationsleistungen müssen
Pflichtleistungen werden

Nur bei sehr alten und hochbetagten Patienten, die eine
geriatrische Versorgung benötigen, und bei Leistungen an Mütter oder
Väter soll die Rehabilitation der Krankenversicherung künftig eine
Pflichtleistung sein, auf die Versicherte einen unbedingten Anspruch
haben. Alle anderen Reha-Maßnahmen - für mitversicherte
Familienangehörige, Kinder oder jüngere (Erwerbsunfähigkeits-)
Rentner - sollen in das bloße Ermessen der Krankenkassen gestellt
bleiben. Die Folgen sind absehbar. Die für die medizinische
Rehabilitation bereitstehenden Mittel werden vorrangig in die
geriatrische Rehabilitation für sehr alte und hochbetagte Patienten
oder an Mütter und Väter fließen. Alle anderen chronisch kranken, von
Chronifizierungen bedrohten oder behinderten Versicherten haben das
Nachsehen.

Die Spitzenverbände der Reha-Leistungserbringer machen deshalb
darauf aufmerksam, dass dieses Vorgehen gesundheitspolitisch
kontraproduktiv und gesundheitsökonomisch kostentreibend ist. Denn
Rehabilitation soll nach ihrem gesetzlichen Auftrag so frühzeitig wie
möglich einsetzen, damit chronische Erkrankungen vermieden, ihre
Folgen reduziert und die Notwendigkeit einer aufwendigen,
geriatrischen Versorgung so lange als möglich hinausgeschoben wird.
Mit der Zwei-Klassen-Reha geht der Gesetzgeber den genau umgekehrten
Weg: Erst wenn es zu spät ist, sollen die Krankenkassen zur
Rehabilitation verpflichtet sein. Das stellt die Zielsetzungen der
Rehabilitation auf den Kopf. Darum gibt es nach Auffassung der
Reha-Leistungserbringer nur eine einzige Möglichkeit, auf den von der
Gesundheitsreform 2004 gewiesenen Pfad zurückzukehren:

ALLE medizinischen Reha-Leistungen der Krankenversicherung müssen
Pflichtleistungen werden!


2. Gesundheitsfonds darf Negativeffekte für chronisch Kranke nicht
verstärken

Die Kosten für die Behandlung chronisch kranker Patienten betragen
80 Prozent der Gesundheitsausgaben. Darum verstärkt die vorgesehene
Einführung eines Gesundheitsfonds, der die Krankenkassen bei hohen
Krankheitskosten ihrer Versicherten zur Erhebung eines Zusatzbeitrags
zwingt, die Negativeffekte der Zwei-Klassen-Rehabilitation.

Aufgrund der vorgesehenen Konstruktion des Fonds werden die
Krankenkassen, die im Wettbewerb stehen, alles zu vermeiden suchen,
um einen Zusatzbeitrag erheben zu müssen. Dazu gehören auch
Rehabilitationsleistungen für chronisch Kranke, soweit sie nicht
unbedingt bezahlt werden müssen. Eine Zwei-Klassen-Rehabilitation
wird deshalb dazu führen, dass Reha-Maßnahmen, die keine
Pflichtleistungen sind, sondern lediglich im Ermessen der
Krankenkassen stehen, unter dem Druck des Gesundheitsfonds zum
Einsparvolumen gehören. Nur Pflichtleistungen haben Vorrang. Das wird
von führenden Krankenkassen-Chefs heute schon angekündigt.

Deshalb fordern die Spitzenverbände der Reha-Leistungserbringer:
ALLE medizinischen Reha-Leistungen der Krankenversicherung müssen
Pflichtleistungen werden!


3. Alle Reha-Leistungen müssen in den Finanzausgleich einbezogen
werden

Nur 30 Prozent aller medizinischen Reha-Maßnahmen der Kranken- und
Rentenversicherung werden im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt
durchgeführt. 70 Prozent sind Maßnahmen, die - als allgemeine
Reha-Heilverfahren - bei chronischen Erkrankungen erfolgen oder
Chronifizierungen vorbeugen sollen, ohne dass vorher ein
Krankenhausaufenthalt stattgefunden hat.

Im Risiko-Strukturausgleich der Krankenversicherung, der für eine
ausgeglichenere Finanzausstattung der Kassen sorgen soll, werden aber
nur Reha-Maßnahmen berücksichtigt, die im Anschluss an einen
Krankenhausaufenthalt geschehen. Mit der Gesundheitsreform wird sich
dieser Webfehler im System noch stärker negativ auf die
Bewilligungspraxis der Krankenkassen bei Reha-Leistungen auswirken.

Deshalb fordern die Spitzenverbände der Reha-Leistungserbringer:
ALLE medizinischen Reha-Leistungen müssen in den
Risikostrukturausgleich einbezogen und Pflichtleistungen werden!


4. Negative Auswirkungen der Regelungen auf den
Wirtschaftsstandort Bundesländer

Im Jahr 2004 waren 160.000 Menschen in Vorsorge- und
Rehabilitationseinrichtungen beschäftigt. Umgerechnet in
Vollzeitkräfte waren es rund 100.000. Auf Baden-Württemberg / Bayern
/ Hessen / Niedersachsen / Nordrhein-Westfalen / Sachsen /
Schleswig-Holstein entfallen davon 14.727 / 18.092 / 9.935 / 8.491 /
11.874 / 5.327 / 4.817 Vollzeitkräfte.

Bliebe es bei der Regelung, dass nicht alle Reha-Leistungen zu
Pflichtleistungen werden und deshalb auch nicht in den
Risikostrukturausgleich einbezogen werden, dann werden die
Krankenkassen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, notwendige
Leistungen zur Rehabilitation nicht erbringen. Damit wird eine große
Anzahl an Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen wirtschaftlich
gefährdet sein, verbunden mit der Entlassung von Personal.

Darum fordern die Spitzenverbände der Reha-Leistungserbringer:
ALLE medizinischen Reha-Leistungen müssen in den
Risikostrukturausgleich einbezogen und Pflichtleistungen werden!


Originaltext: Spitzenverbände der Leistungserbringer
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=63873
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_63873.rss2

Pressekontakt:

Bundesverband Deutscher
Privatkliniken e.V.
Geschäftsführer Thomas Bublitz
Robert-Koch-Platz 4
10115 Berlin
Tel.: 030-24008990
email:info@bdpk.de


Bundesverband für stationäre
Suchtkrankenhilfe e.V.
Geschäftsführer Dr. Andreas Koch
Wilhelmshöher Allee 273
34131 Kassel
Tel.: 0561-779351
email: andreas.koch@suchthilfe.de


Deutsche Gesellschaft für
Medizinische Rehabilitation e.V.
Geschäftsführer Dr. Wolfgang Heine
Fasanenstr. 5
10623 Berlin
Tel.: 030-2844966
email:degemed@degemed.de


Fachverband Sucht e.V.
Geschäftsführer Dr. Volker Weissinger
Walramstr. 3
53175 Bonn
Tel.: 0228-261555
email:v.weissinger@sucht.de


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