Bundesverwaltungsgericht: Subventionierte Buslinien müssen nicht nach Europarecht ausgeschrieben werden / Bundesland Hessen drohen Schadenersatzforderungen in Millionen Höhe
Geschrieben am 20-10-2006 |
Berlin (ots) - Mehr als zehn Jahre dauerte die juristische Auseinandersetzung, ob Buslinien im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ausgeschrieben werden müssen, wenn sie nur mit öffentlichen Zuschüssen betrieben werden können. Das Bundesverwaltungsgericht (BverwG 3 C 33.05, Urteil vom 19. Oktober 2006) entschied gestern in letzter Instanz, das eine Ausschreibung, um den günstigsten Anbieter nicht erfolgen muss. Dadurch wurde auch entschieden, dass die im deutschen Personenbeförderungsgesetz (PBefG) vorgenommene Abgrenzung zwischen eigenwirtschaftlichen und gemeinwirtschaftlichen Verkehrsleistungen rechtswirksam ist. Die vom Europäischen Gerichtshof in der Sache Altmark Trans an bundesdeutsche Gerichte abgegebene Frage ist damit rechtsicher beantwortet.
Sicher ist damit auch, dass die im Bundesland Hessen seit einigen Jahren exzessiv betriebene Ausschreibungspraxis im ÖPNV rechtswidrig ist. Immer wieder hat der Spitzenverband der Busbranche darauf verwiesen, ohne die hessische Landesregierung von ihrer Praxis abhalten zu können. Nunmehr ist der Ausschreibungswahn gestoppt.
"Jetzt bekommt Hessen die verdiente Quittung für den unsäglichen Umgang mit privaten und mittelständischen Unternehmen. Die einseitige Bevorzugung bzw. der Schutz von defizitär agierenden kommunalen Unternehmen dürfte vorbei sein. Ich hoffe, dass der verbliebene Mittelstand in Hessen nun seine Rechte einfordert", so Wolfgang Steinbrück, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) in einer ersten Stellungnahme.
Bisher wurde im Bundesland Hessen nur dort ausgeschrieben, wo private Unternehmen am Markt tätig waren. Kommunale Gesellschaften genießen dagegen bis heute Besitzstandsschutz oder boten gar über Tochtergesellschaften mit. Nunmehr bietet sich privaten Unternehmen die Möglichkeit, ruinöse Ausschreibungsverfahren anzuzweifeln und nach sorgfältiger Prüfung Amtshaftungsverfahren gegen hessische Genehmigungsbehörden einzuleiten. Dem Land Hessen stehen durch die rechtswidrige Praxis damit Millionen schwere Schadenersatzforderungen ins Haus.
Auch mit Blick auf die europäische Gesetzgebung und den aktuellen Verhandlungen zu einer Nachfolgeverordnung für den europäischen Nahverkehr sollte der deutsche Gesetzgeber dafür Sorge tragen, dass der Mittelstand nicht vernachlässigt wird.
Im vorliegenden Streitfall hatte ein Landkreis über Jahrzehnte die Genehmigung zum Betrieb von drei Buslinien in seinem Gebiet innegehabt, die Betriebsführung aber mit behördlicher Genehmigung der Klägerin, einem privaten Busunternehmen, übertragen. 1997 gründete der Landkreis die beigeladene GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er ist, und übertrug ihr die Linienverkehrsgenehmigungen. Bei deren Auslaufen erteilte die beklagte Behörde die Genehmigung zum Weiterbetrieb der Beigeladenen, während sie einen entsprechenden Antrag der Klägerin ablehnte. Sie begründete das damit, dass der Beigeladenen als langjähriger Linienbetreiberin das sogenannte Altunternehmerprivileg zustehe. Die Begründung des Urteils durch das Bundesverwaltungsgericht wird in sechs Wochen erwartet.
Originaltext: bdo Verband Dt. Omnibusunternehmer Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=51906 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_51906.rss2
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