Fromme: Demonstrationen türkischer Nationalisten beleidigen Opfer des Völkermords an den Armeniern
Geschrieben am 18-03-2006 |
Berlin (ots) - Zu den Demonstrationen türkischer Gruppen gegen ein Gedenken an die Vertreibung und Ermordung der Armenier und zu Ehren von Talaat Pascha erklärt der Vorsitzende der Gruppe der "Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler" der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jochen-Konrad Fromme, MdB:
Wenn heute in Berlin Hunderte türkischer Nationalisten dagegen demonstrieren, dass der Deutsche Bundestag wie auch viele andere Parlamente, an die Vertreibung und Ermordung der Armenier und anderer christlichen Gruppen in der Türkei vor 90 Jahren erinnert haben und sich gegen eine Aufarbeitung einsetzen, wirft das ein schlechtes Licht auf das Rechtsverständnis dieser Organisationen.
Wenn dann noch nahezu zeitgleich an der Universität in Istanbul eine Konferenz stattfindet, die von den Kräften ausgerichtet wird, die das Massaker an den Armeniern in den Jahren 1915/16 in Abrede stellen, dann wirft das zudem ein schlechtes Licht auf die Bereitschaft der Türkei, sich mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen.
Die Bereitschaft, die eigene Geschichte in Gänze, mit allen Höhen und Tiefen, in den Blick zu nehmen, ist aber eine vorzügliche Visitenkarte von Staaten mit einer rechtsstaatlichen Ordnung, basierend auf einem Wertegerüst, das die Universalität der Menschenrechte anerkennt.
Hier hat die Türkei noch einen langen Weg vor sich. Wenn türkische Nationalisten stattdessen zur Ehrung von Talaat Pascha aufrufen, der einer der Hauptverantwortlichen für den Genozid an den Armeniern gewesen ist, dann stellt dies zudem eine Verunglimpfung der geschätzt 1,5 Millionen Opfer dieser Taten dar.
Der Deutsche Bundestag hat im vergangenen Jahr anläss-lich des 90. Jahrestages der Vertreibungen und der Massaker an den Armeniern dieser Ereignisse gedacht und die Aufarbeitung dieses historischen Kapitels gefordert.
Die Demonstrationen von nationalistischen türkischen Gruppen zeigen einerseits, wie wichtig die Aufarbeitung dieses Kapitels ist und andererseits, wie lang der Weg bis zu einer ehrlichen Auseinandersetzung mit diesem Thema vermutlich noch sein wird.
Dabei geht es bei einer Aufarbeitung des Völkermords an den Armeniern ausdrücklich nicht um eine Abrechnung mit oder um eine Bloßstellung der türkischen Nation. Es geht um ein Bewusstmachen der Geschichte, darum, die bis heute ausstehende dringend notwendige Aussöhnung zwi-schen der Türkei und ihren Nachbarn zu ermöglichen und einen Beitrag dazu zu leisten, Vertreibungen und Völkermord in Gegenwart und Zukunft zu verhindern.
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