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WAZ: Die Öffentlichkeit hat längst geurteilt - Kommentar von Ulf Meinke

Geschrieben am 26-10-2006

Essen (ots) - Ganz gleich, welches Urteil die Richter im
Mannesmann-Prozess sprechen. Das spektakulärste
Wirtschaftsstrafverfahren der Nachkriegsgeschichte hat den Standort
Deutschland längst nachhaltig geprägt. Die juristische Bewertung der
millionenschweren Zahlungen an amtierende und frühere
Mannesmann-Manager nach der Übernahme durch Vodafone macht
mittlerweile nur einen Bruchteil einer bemerkenswerten Diskussion
über die Verantwortung der ökonomischen Eliten des Landes aus.
Publizisten, Juristen, Ethiker und Politiker haben ihre Schlüsse aus
dem Fall gezogen, der sich mehr und mehr zur Causa Ackermann
entwickelt hat. Denn der Vorstandschef der Deutschen Bank ist es, der
symbolhaft für die Deutschland AG steht. Nicht zuletzt sein von
vielen Beobachtern als zynisch empfundenes Victory-Zeichen vor
Gericht schürte den Verdacht, eine abgehobene Kaste einflussreicher
Konzernlenker habe jegliche Bodenhaftung verloren - nicht nur in
Gehaltsfragen, sondern auch bei unternehmerischen Entscheidungen.

Eine Keimzelle für das katastrophale Image "der Manager" findet
sich auch im Mannesmann-Prozess. Es grassiert der Generalverdacht
gegen eine als gierig empfundene Managerklasse. Von der
Öffentlichkeit sind die Angeklagten rund um Ackermann und Esser
längst schuldig gesprochen. Dabei hat sich der Bankchef - anders als
Esser - selbst gar nicht bereichert. Aber Ackermann hat einen
gravierenden Fehler begangen, als er die Prämien und
Pensionsabfindungen in Höhe von insgesamt rund 57 Millionen Euro
abnickte. Hier wurde Vermögen, das treuhänderisch zu verwalten war,
zum Schaden von Aktionären und Arbeitnehmern leichtfertig verprasst.
Gutsverwalter, so kommentierte der Bundesgerichtshof ebenso scharf
wie treffend, haben sich wie Gutsherren aufgespielt.

Der Fall Mannesmann hat auch einen Erkenntnisprozess über die
Grundlagen guter Unternehmensführung in Gang gesetzt. Klammheimlich
an der Konzernspitze abkassieren - das ist heute nicht mehr möglich,
ohne Gefahr zu laufen, den Ruf zu riskieren. Längst reagiert die
Öffentlichkeit überaus sensibel auf etwaige Verfehlungen. Eine Reihe
von Großkonzernen veröffentlicht mittlerweile, welche Vergütungen
ihre Vorstände erhalten. Viele Unternehmen haben detaillierte
Spielregeln festgeschrieben, die zumindest juristisch einwandfrei
klären sollen, wann welche Erfolgsprämie zu zahlen ist. Fragen von
Anstand und Moral allerdings lassen sich nicht vor Gericht klären -
wohl aber in einer gesellschaftlichen Debatte. Insofern ist der
Mannesmann-Prozess schon jetzt ein Erfolg.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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