LVZ: Entkrampfend
Geschrieben am 31-10-2006 |
Leipzig (ots) - Von André Böhmer An Gastfreundschaft hat es nicht gemangelt. Ein Lächeln hier, ein Scherz dort für den polnischen Premier. Knapp ein Jahr nach Amtsantritt musste Kanzlerin Angela Merkel ihren vielleicht schwierigsten außenpolitischen Spagat hinlegen. Der Empfang von Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski als Versuch, das eisige Verhältnis zum östlichen Nachbarn wieder aufzutauen. Nun markiert das Treffen nicht den Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen Berlin und Warschau. Das war im Anbetracht des verbalen Dauerfeuers von polnischer Seite im Vorfeld auch nicht zu erwarten. Ein Regierungschef, der mit seinem Zwillingsbruder auf dem Präsidentenstuhl das historisch sensible deutsch-polnische Verhältnis als dankbare Vorlage für eigene, maßlos übertriebene Profilierungsversuche nimmt, kann nicht mit der kritiklosen Höflichkeit seiner Gastgeber rechnen. Zumal der beinharte Konservative Kaczynski im Vorfeld genug getan hatte, um die Stimmung noch anzuheizen. Merkel hat bei dieser schwierigen Ausgangslage die richtige Methode gewählt. Sie hat nicht noch mehr Öl ins Feuer gegossen, sondern versucht, die Situation im Dialog zu entkrampfen. Wohl wissend, dass einige polnische Verstimmungen durchaus nachvollziehbar sind. Dazu gehört der Alleingang ihres Amtsvorgängers, den Bau der Ostsee-Pipeline perfekt zu machen. Wenn sich Deutschland und Russland einig sind, lassen sich Polens Urängste mit dem historischen Wissen um den Hitler-Stalin-Pakt nicht als lästiges Nebengeräusch abtun. Sie sollten zumindest respektiert werden. Merkel hat sich bemüht, dies Kaczynski gegenüber zu vermitteln. Ihr Ringen um ein besseres Verhältnis zum Nachbarn, trotz des Streits um die Ostsee-Pipeline und der Behandlung von Rückgabeansprüchen deutscher Vertriebener, war offensichtlich. Jetzt wäre es eigentlich für Polen an der Zeit, darauf einzugehen.
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