LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zum Sicherheitsbericht -
Geschrieben am 15-11-2006 |
Leipzig (ots) - Von Anita Kecke Alles ist relativ. Wenn Bundesjustizministerin Brigitte Zypries Deutschland als eines der sichersten Länder der Welt anpreist, mag sie das aus ihrer behüteten Sicht so empfinden. Anders sehen das ganz sicher diejenigen, die gerade ausgeraubt, geschlagen oder vergewaltigt wurden - und die weit und breit keinen Polizisten entdeckten, als sie Hilfe brauchten. Oder diejenigen, die aus Angst vor der abendlichen Straßenbahnfahrt nicht mehr ins Konzert gehen. Auch die 14-jährige Stephanie, die wochenlang in Dresden in der Hand ihres Peinigers war und selbst mit Zetteln auf ihr Martyrium aufmerksam machen musste, weil der Polizei bei der Fahndung Fehler unterliefen, dürfte anderer Meinung sein als die Bundesministerin. Das ist der Unterschied zwischen der schönen Statistik und der gefühlten Sicherheit, die ganz entscheidend die Lebensqualität mit bestimmt. Natürlich hat die Bundesrepublik im weltweiten Vergleich eine solide Sicherheitsarchitektur und liegt bei vielen schweren Delikten auch noch deutlich unter dem EU-Durchschnitt. Das trifft auch auf die Sexualmorde an Kindern zu, die zu Recht immer starke Betroffenheit hervorrufen. Der Bericht weist Licht und Schatten aus. Und es gibt für die Bundesregierung keinen Grund, die Statistik schönzureden. Dieser Eindruck aber drängt sich auf. Wenn die Zahl der Gewaltdelikte seit 1999 um 18 Prozent anstieg, dann ist das eine dramatische Entwicklung. Doch wenn die Bürger erfahren, dass sie daran eigentlich Mitschuld tragen, weil sie mehr als zuvor die Überfälle auch melden, dann dürften sie am Ende ihres Verständnisses sein. Sollen sie vielleicht lieber schweigend die andere Wange hinhalten? Auch die politisch motivierten Delikte nehmen zu. Erst vor wenigen Tagen räumte das BKA einen neuen Höchststand rechtsextremer Straftaten ein. Zudem wächst die Terrorgefahr durch Islamisten. Hinzu kommt das Tabu-Thema der Ausländerkriminalität. Mehr gefühlte Sicherheit kann sich da höchstens durch die Beruhigungspillen einstellen, die die Politiker verteilen. Der Unmut der Polizeigewerkschaft über die Schönfärberei ist nur allzu verständlich. Schließlich verrät auch der genaue Blick in die Statistik, dass Deutschland bei der Anzahl der Polizisten, gemessen an der Einwohnerzahl, unter dem EU-Durchschnitt liegt. Das spüren die Beamten täglich. Und wer da Stellen abbaut, kann nicht gleichzeitig die Sicherheit erhöhen. Wie eklatant sich Mängel bei Personal und bei der Kompetenz der Verantwortlichen auswirken, ist gerade in Sachsen zu besichtigen. Der Dachspaziergang des vorbestraften Sexualstraftäters Mario Mederake steht dafür ebenso wie die Flucht eines Häftlings aus der Leipziger Uni-Klinik und die offenbar unhaltbaren Zustände in einigen Justizvollzugsanstalten. Der zuständige sächsische Justizminister Mackenroth hat gestern im Landtag zumindest Maßnahmen angekündigt. Die Bürger dürfen gespannt sein, ob das relativ bleibt oder Realität wird. Es geht schließlich um nichts Geringeres als um das Vertrauen in den Rechtsstaat.
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