LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Rüttgers-Plänen
Geschrieben am 19-11-2006 |
Leipzig (ots) - Jürgen Rüttgers bläst ein scharfer Wind ins Gesicht. Ein sehr scharfer. Und zwar nicht nur vom politischen Gegner, sondern inzwischen auch aus den eigenen Reihen. Nur eine Woche vor dem CDU-Bundesparteitag in Dresden scheint der nordrhein-westfälische Ministerpräsident mit seinem Vorschlag isoliert, die Auszahlungsdauer des Arbeitslosengeldes I an eine Staffelung nach Beitragsjahren zu koppeln. Zumindest die meisten der CDU-Länderfürsten fallen über ihren Kollegen her - von Christian Wulf bis Günther Oettinger und Dieter Althaus. Brandenburgs CDU-Landeschef Jörg Schönbohm will sogar eine neue Spaltung zwischen Ost und West ausmachen, falls sich der Rheinländer beim Parteitag an der Elbe durchsetzen sollte. Papperlapapp. Sicher, in Ostdeutschland konnte kein Arbeitnehmer länger als 16 Jahre in die Arbeitslosenversicherung einzahlen. Weshalb theoretisch niemand hier von dem Rüttgers-Vorstoß profitieren würde. Doch wer sagt, dass die Arbeitszeiten, die in der DDR geleistet wurden, per se ausgeschlossen sind wie Schönbohm & Co. es weismachen wollen. Wahrscheinlich niemand. Zumal eine solche Regelung auch bei einem Gang vor das Bundesverfassungsgericht kaum standhalten dürfte. Unter die Abteilung Blödsinn fällt die Kritik, die CDU vollziehe mit dem Vorschlag einen Linksruck. Aus dem Blickwinkel der Parteiengeschichte sind das große Worte, wenn es darum geht, ob das Arbeitslosengeld I zwölf, 18 oder 24 Monate lang ausgezahlt wird. Mit links und rechts hat das herzlich wenig zu tun. Es handelt sich dabei um Tages-Politik und um keine programmatische Neuausrichtung der Partei. Oder provokanter formuliert: Würde sich ein Teil der NRW-CDU jetzt wieder in Richtung Ahlener Programm orientieren, hätte die Debatte wirklich eine inhaltliche Berechtigung. Worum also dreht sich der Streit: Wer länger in die Arbeitslosenversicherung einzahlt, der erhält im Fall der Erwerbslosigkeit mehr. Was soll an solch einem Grundsatz so falsch sein? Ja, er konterkariert noch nicht einmal das Umlage-Verfahren, was das Rentensystem zeigt. Wenn also das Gerechtigkeitsempfinden der Menschen, wie es CSU-Chef Edmund Stoiber formuliert, in diese Richtung geht, sollte dies eine Volkspartei, die sich auf die soziale Martwirtschaft beruft, zumindest überprüfen. Die Crux aber liegt woanders: Wie viel Sozialtransfers sich Staat und Umlageverfahren leisten können, ohne dass die Beiträge der Versicherung steigen und damit die Kosten wesentlich in die Höhe treiben? In einer Zeit, in der die Unternehmen global um die Wettbewerbsfähigkeit ringen, ist die Antwort darauf entscheidend. Ein Beitragsanstieg verteuert Arbeit. Je mehr Menschen aber einen sozialversicherungspflichtigen Job finden, desto geringer fällt die Belastung für die Beitragszahler und die Gesellschaft aus. Dieser Kreislauf ist es, der diskutiert werden muss. Nicht nur unter dem Blickwinkel auf das Arbeitslosengeld I, sondern auf alle sozialen Sicherungssysteme.
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