Westfalenpost: Radikaler Realismus
Geschrieben am 03-12-2006 |
Hagen (ots) - Grüne üben den Spagat Von Lorenz Redicker
Um 40 Prozent wollen die Grünen den Ausstoß des Klimakillers CO2 bis 2020 in Deutschland senken. Ist das die neue Radikalität, mit der die Ökopartei ihre Umweltforderungen überschrieben hat? Nein, das ist alte (Regierungs-)Politik - nicht nur unter Rot-Grün. Schon 1990 (!) hatte die Enquete-Kommission des Bundestages 40 Prozent CO2-Minderung bis 2020 gefordert. Der Beschluss zur Umweltpolitik beim Parteitag in Köln ist bezeichnend. Sieben Jahre Regierungsbeteiligung haben Spuren bei den Grünen hinterlassen. Jetzt, in der Opposition, übt die Partei den Spagat zwischen Radikalität und Realität. Mit grüner Fundamentalopposition fürchtet man nicht nur Wähler zu verprellen, sondern auch Koalitionspartner. Und auch die Resonanz auf die eigenen Beschlüsse in der Wirtschaft wird immer gleich mitbedacht. Natürlich ist Realismus ein guter Ratgeber in der Politik. Wirklich radikale Politik aber entsteht so nicht, auch die grüne Marke, der man doch in der Opposition ein klares Profil geben will, bleibt unscharf. Und das ist eines der Grundprobleme der Grünen: Ihre weichgekochte Realpolitik wirkt langweilig. Weil die kleinste Oppositionspartei im Bundestag zudem den Verlust ihres Volkstribuns und langjährigen heimlichen Vorsitzenden Joschka Fischer bislang nicht annähernd ersetzen konnte, fällt sie schnell durchs Aufmerksamkeitsraster der Medien. Für den erhofften Sprung auf Platz 3 in der bundesdeutschen Parteienhierarchie eine schlechte Ausgangsposition.
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