"Gesundheitsreform greift in Intimsphäre ein"
Geschrieben am 11-12-2006 |
Berlin (ots) - Wie stark nüchterne Formulierungen im Gesundheitsreformgesetz in die Intimsphäre eingreifen können, das machten heute (11.) in Berlin die Vertreter verschiedener Patientenorganisationen deutlich. Ob bei der Anpassung von Stoma-Artikeln, Inkontinenzprodukten oder Atem- und Sprechhilfen - die zwangsläufigen Eingriffe der Mitarbeiter von Sanitätshäusern oder Homecare-Unternehmen in die Intimsphäre sei nur akzeptabel, wenn zu ihnen ein gewachsenes Vertrauensverhältnis bestehe. Der Gesetzentwurf gefährde dies jedoch, betonte Dr. Jens-Uwe Kukla, Vorsitzender des Selbsthilfevereins Kehlkopfoperierter Berlin und Umland - Brandenburg.
Hintergrund der Kritik ist die Absicht des Gesetzgebers, die einzelnen Krankenkassen dazu zu zwingen, die Versorgung mit Hilfsmitteln, etwa mit Prothesen, Stoma- oder Inkontinenzprodukten, nur noch einem, nämlich dem in einem Ausschreibungsverfahren ermittelten billigsten Anbieter zu übertragen. Damit werde den Betroffenen das wahrscheinlich billigste und qualitativ schlechteste Homecare- oder Orthopädie-Unternehmen aufgezwungen und ihr bisheriges Wahlrecht im Prinzip abgeschafft.
Daher kritisiert auch die Bundesarbeitsgemeinschaft SELBSTHILFE die geplante Einführung dieses Ausschreibungsverfahrens im Hilfsmittelbereich scharf. "Sie gefährdet die Qualität der Versorgung und wird bei vielen behinderten Menschen zu erheblichen finanziellen Härten führen", betonte Dr. Martin Danner, der die BAG SELBSTHILFE als Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss vertritt. Die bisherige Praxis der Krankenkassen zeige schon heute, dass sie kein Interesse dar-an hätten, den Beratungsbedarf der Betroffenen und den Anpassungs- und Reparaturbedarf der Hilfsmittel angemessen zu berücksichtigen. Bei Hilfsmitteln sei eine anonyme Leistungserbringung im Stil des Internethandels in der Regel völlig unangemessen.
Genau dies, nämlich die Gefährdung der wohnortnahen Versorgung, befürchten die Patientenorganisationen jedoch. Stoma-Träger Klaus-Ulrich Ballhausen machte deutlich, wie wichtig eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit einer Fachkraft ist: "Stomaversorgung greift in die intimsten Bereiche ein und stellt eine erhebliche psychische Belastung dar." Dies gilt auch für die Inkontinenzversorgung: "Wie vielen Menschen müssen wir uns noch offenbaren?", fragt Klaus Beschorner, der als querschnittsgelähmter Rollstuhlfahrer auf Inkontinenzprodukte angewiesen ist.
Die Vorsitzende der Amputierten-Initiative, des Bundesverband für Arm- und Beinamputierte, Dagmar Gail, wies auf die Qualitätsunterschiede sowohl bei den Prothesen an sich wie auch beim Service hin: Hier sei das Einfühlungsvermögen der Orthopädiefachkraft gefordert. Je nach Kassenzugehörigkeit würden Menschen mit gleicher Behinderung unterschiedlich versorgt, fürchtet die BAG SELBSTHILFE. Die geplante Regelung - so vermuteten die Patientenvertreter - ziele in Wahrheit darauf ab, den Versicherten nicht bedarfsgerechte Produkte anzubieten. Sie könnten sie nur durch entsprechende Aufzahlungen erhalten.
Dr. Kukla vom Selbsthilfeverein der Kehlkopfoperierten wies darauf hin, dass die vorgesehene Regelung nicht nur die Gesundheit der Betroffenen gefährdet, sondern gleichzeitig das Geld zum Fenster hinausgeworfen wird. Was bei der Gesundheitsreform herauskomme, sei das genaue Gegenteil von dem, was die Ministerin zuletzt am Donnerstag im ZDF verkündet hatte: nämlich konsequentes Kosten-Nutzen-Denken. Kukla: "Stattdessen schmeißt man mit dem Schinken nach der Wurst und wundert sich hinterher, dass alles wieder teurer kommt."
Die Patientenorganisationen forderten Bundestag und Bundesrat auf, die Regelungen zur Hilfsmittelversorgung im Gesetzentwurf entsprechend zu ändern. Sie verlangen die uneingeschränkte Aufrecht-erhaltung des Patientenwahlrechts. Dies könne durch ein Beitrittsrecht aller qualifizierten Leistungserbringer, wie Reformhäuser, Orthopädietechniker und Homecare-Unternehmen, zu abgeschlossenen Verträgen erfolgen. Ein fairer Vertragswettbewerb mit einer Vielzahl qualifizierter Leistungserbringer anstelle der vorgesehenen Regelungen der verpflichtenden Ausschreibungen ermöglicht die Aufrechterhaltung der bewährten wohnortnahen mittelständischen Strukturen.
Originaltext: Aktionsbünd. Qualität i. d. Hilfsmittel. Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=64095 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_64095.rss2
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