LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Koalition/Türkei
Geschrieben am 11-12-2006 |
Leipzig (ots) - Erste Risse Von André Böhmer Im knirschenden Getriebe der großen Koalition hatte es im ersten Jahr überraschend auch ein Themenfeld ohne Reibungsverluste gegeben: CDU-Kanzlerin Merkel funkte mit SPD-Außenminister Steinmeier stets auf gleicher Wellenlänge. Vom Libanon bis zum Irak - wer davor gewarnt hatte, dass alte außenpolitische Reibereien zwischen Union und SPD das Koalitionsklima von Anfang an belasten könnten, musste sich bislang revidieren. Doch der mühsam bewahrte Burgfrieden gerät nun ins Wanken, die politische Zwangsgemeinschaft bekommt auch hier erste Risse. Denn an der Türkei-Frage scheiden sich die Geister. Die Kanzlerin plädiert wie in der letzten Woche beim Treffen mit dem französischen Präsidenten Chirac dafür, bei weiteren EU-Beitrittsverhandlungen den Druck auf Ankara zu erhöhen. Ressortchef Steinmeier will dagegen trotzige türkische Überreaktionen vermeiden und segelt auf moderatem Kurs. Die schwer zu übertünchenden außenpolitischen Dissonanzen kommen für die Koalition zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Die EU-Ratspräsidentschaft steht ab Januar bevor, da könnte öffentlich zelebrierte Streitlust den angestrebten Erfolg von vornherein als utopisch erscheinen lassen. Und auch als Gastgeber des G-8-Gipfels im kommenden Sommer will man sich keine Blöße geben. Denn eine Hü-und-Hott-Koalition, die sich bei der wichtigsten europäischen Frage nicht einig ist, würde im Fokus des Weltinteresses einen ziemlich peinlichen Eindruck hinterlassen. Die jetzt in Berlin schnell betriebene Schadensbegrenzung ist dann nur der hilflose Versuch, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Die Beruhigungspillen werden lediglich für kurze Zeit wirken. Der Blick auf das parallel laufende Treffen der EU-Außenminister zeigt, wie tief die Gräben zwischen den einzelnen Positionen mittlerweile sind. Brüssel kann als eine Art Spiegelbild für die Koalition gelten. Trotz eilig bekundeter Gemeinsamkeiten:Zwischen der von der Union und von Merkel konsequent und richtig geforderten privilegierten Partnerschaft für die Türkei und der von der SPD-Spitze angestrebten EU-Vollmitgliedschaft klafft eine unüberbrückbar scheinende Lücke. Konfrontriert mit den Forderungen seiner Partei, die ihren Außenminister auch als eine Art außenpolitischen Erblassverwalter für Ex-Kanzler Schröder betrachtet, wird Steinmeier zum Spagat genötigt, der für ihn zur Zerreißprobe wird. Und wenn die SPD jetzt davor warnt, den Türkei-Beitritt innenpolitisch zu missbrauchen, dann klingt das wie das Pfeifen im Walde. Wer als Volkspartei offensichtlich Angst hat, über die zentrale europäische Frage zu diskutieren, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, schon sehr weit weg vom Wähler zu sein.
Originaltext: Leipziger Volkszeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2
Pressekontakt: Rückfragen bitte an: Leipziger Volkszeitung Redaktion Telefon: 0341/218 11558
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
44446
weitere Artikel:
- Rheinische Post: Die EU gibt der Türkei nicht nach - Von GODEHARD UHLEMANN Düsseldorf (ots) - Die Rechnung der Türkei ist nicht aufgegangen. Sie hat es nicht geschafft, durch ihr plumpes Lavieren in der Zypern-Frage die Glaubwürdigkeit der EU zu erschüttern, als sie in letzter Minute halbherzig einen vermeintlichen Lösungsvorschlag präsentierte. Die EU steht zu ihrer Aussage, dass ein künftiges Unions-Mitglied auch alle anderen politisch anerkennen muss. Das ist erfreulich. Die Zypern-Frage kann man nicht einseitig von Beitritts-Gesprächen abkoppeln, nur weil es der Weg des geringsten Widerstandes ist. mehr...
- Rheinische Post: Staats-(Ver)diener - Von REINHOLD MICHELS Düsseldorf (ots) - Der Mensch schnappt zu gerne nach den Vorteilen, die sich ihm bieten. Goethe hat es so formuliert: "Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles . . ." Scherzhaft könnte man fragen, warum ausgerechnet ein früherer Präsident der Bundesbank, der den deutschen Goldschatz hütet, in Gelddingen abstinent wie ein Klosterbruder sein soll? Ernst Welteke allerdings treibt mehr als normales Streben nach Glück, das man sich nicht nur, aber doch auch mit Geld kaufen kann. Welteke, der nach seinem Zwangsabschied vom Präsidentenamt mehr...
- Rheinische Post: Volle Kraft voraus - Von DETLEV HÜWEL Düsseldorf (ots) - Der Rückzug des nordrhein-westfälischen SPD-Vorsitzenden Jochen Dieckmann kommt zwar überraschend, ist aber nur folgerichtig. Die Kommentarlage der letzten Monate war nahezu einhellig: Jochen Dieckmann ist öffentlich zu wenig präsent, verleiht der Partei zu wenig Profil. Der gescheite und sympathisch wirkende Bonner, der lange Zeit Geschäftsführer des Städtetages war, dann Justiz- und später Finanzminister in NRW wurde, ist vom Naturell her in der Tat eher ein Mann der moderaten Töne. Für den schwierigen Parteijob, mehr...
- WAZ: Jochen Dieckmann tritt zurück: SPD in der Krise - Kommentar von Peter Szymaniak Essen (ots) - Der Rücktritt von Jochen Dieckmann symbolisiert das ganze Ausmaß der Krise, in der sich der einstmals einflussreichste SPD-Landesverband befindet. Den Verlust der Regierungsmacht im Mai 2005 nach 39 Jahren hat die NRW-SPD bis heute nicht verkraftet. Neue Inhalte, neue Strukturen, neue Kontakte benötigt die Partei. Jochen Dieckmann hat daraus keinen Hehl gemacht, doch der Aufbau einer schlagkräftigen Truppe kommt viel mühsamer, viel langsamer voran als alle gedacht hatten. Der Jurist und Verwaltungsexperte aus dem feinen mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: Preise für Wasser und Abwasser Verband befürchtet Anstieg durch neues Gesetz Halle (ots) - Der Verband Haus und Grund warnt vor höheren Wassergebühren in Sachsen-Anhalt. Grund sei eine Gesetzesänderung, die der Landtag am kommenden Freitag beraten will. "Kommunen werden entlastet, die Last dafür aber auf die Bürger abgewälzt. Das ist ein Kuhhandel", erklärte Präsident Holger Neumann der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung (Dienstag-Ausgabe). Sollte die vom Kabinett bereits beschlossene Gesetzesänderung auch den Landtag passieren, müssten vor allem Alleinstehende bei Wasser und Abwasser draufzahlen. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|