Geständnis des Kofferbombers: Wir wollten uns rächen Täter wurden in deutschen Moscheen radikalisiert "ARD-exclusiv: Die Kofferbomber": Mittwoch, 13.12., 21.45 Uhr, Das Erste
Geschrieben am 12-12-2006 |
Hamburg (ots) - Der so genannte Kofferbomber Djihad Hamad hat im Libanon ein umfassendes Geständnis abgelegt. Das offizielle Protokoll der richterlichen Vernehmung liegt dem NDR vor, während die Bundesanwaltschaft immer noch auf diplomatischem Wege versucht, das Dokument aus dem politisch instabilen Libanon zu erhalten. Auszüge aus der Vernehmung wird das Erste in der Reihe "ARD-exclusiv" am Mittwoch, 13. Dezember, um 21.45 Uhr veröffentlichen.
Hamad beschreibt in seinem Geständnis, wie die Tat geplant und durchgeführt wurde. "Wir haben vereinbart, uns für die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen zu rächen und eine Anzahl Bomben herzustellen und sie in Bahnhöfen abzustellen." In einem Exklusiv-Interview mit dem NDR beschuldigt er seinen Freund Yusuf als Drahtzieher: "Er hat mir gesagt, wir dürfen nicht untätig bleiben, wir kommen in die Hölle, wenn wir nichts tun". Ihren Plan hätten sie im April dieses Jahres in Kiel ausgeheckt, so das Geständnis des Kofferbombers.
Dort gab es eine islamische Studentengruppe, die regelmäßig im Keller des Studentenwohnheims betete. Ein Mitglied dieser Gebetsgruppe ist ein wichtiger Zeuge der Bundesanwaltschaft. In der NDR-Reportage "ARD-exclusiv: Die Kofferbomber" gibt er zum ersten Mal ein Interview und beschreibt den fanatischen Glauben des späteren Kofferbombers Yusuf. Fußball und sogar Musik habe er verteufelt. "Wenn ich Musik hörte, wollte er nicht in mein Zimmer kommen. Er sagte: 'Das ist ein Ort, an dem sich die Satane versammeln. Da komme ich nicht rein'." Die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen habe seinen Freund völlig aus der Bahn geworfen: "Er war sehr wütend. Er wollte niemanden in seinem Zimmer empfangen. Er wollte allein bleiben, mit niemandem sprechen. Wenn ihn jemand ansprach, bekam er seinen Zorn zu spüren."
Yusuf versteckte seine Radikalität nicht. Mindestens zweimal erlebten Dozenten des Kieler Studienkollegs, was in dem jungen Libanesen vorging. In einer Deutschstunde verlor Yusuf die Fassung, berichtet sein Freund den NDR-Reportern: "Das Thema war der Terrorismus. Yusuf war empört darüber, dass eine unverschleierte Studentin über Terrorismus referiert. Er war wütend. Er nahm ein Blatt Papier und zerriss es. Die Studentin hatte nur über verschiedene Meinungen zum Terrorismus gesprochen. Aber er war sauer, dass sie überhaupt darüber sprach. Für ihn ist Terrorismus eine Erfindung der westlichen Medien."
Im Kellerraum des Studentenwohnheims, in dem Yusuf und einige Glaubensbrüder regelmäßig beteten, haben die NDR-Reporter wichtige Indizien gefunden, die achtlos zurückgelassen wurden. Auf handbeschriebenen Zetteln, die an der Wand hängen, heißt es in arabischer Sprache, dass es Ziel der Glaubensbrüder sein müsse, sich über das Religionsverständnis der breiten Masse zu erheben und in den Heiligen Krieg zu ziehen. Dies sei die höchste Stufe des Glaubens.
Im Kieler Stadtteil Gaarden besuchte Yusuf eine Moschee, in der eine radikale Version des Islam gepredigt wird. Regelmäßig kam er hierher zum Gebet. Als die Reporter heimlich an einem Freitagsgebet teilnahmen, erlebten sie, dass in dieser Moschee verfassungsfeindliche Inhalte gepredigt werden. So preist der Imam mitten in Deutschland den Gottesstaat und erklärt, dass liberale Muslime, die sich nicht strikt an den Koran und die Worte des Propheten halten, in die Hölle kommen.
Alles, was die Beschuldigten zur Tatvorbereitung brauchten, gab es online im Netz: von der Fatwa, dem islamischen Rechtsgutachten, das zur Verteidigung des Propheten die Tötung Ungläubiger erlaubt, über aufputschende Terrorvideos bis hin zur Al-Kaida-Bombenbauanleitung. Yusufs Freund beschreibt dies im NDR-Interview: "Was ihn besonders beeinflusst hat, das war das Internet. Was man dort alles findet: Karikaturenstreit, ein Krieg hier, ein Krieg dort. Die Muslime müssen leiden. Darüber hat er immer nachgedacht." Djihads Anwalt, Fawaz Zakaria, bestätigte den NDR-Reportern, wie die beiden vorgegangen sind: "Der Bau der Bombe erfolgte auf der Grundlage eines Videofilms. Eine vermummte Person, die in diesem Film im Internet erscheint, erklärt haarklein, wie die Bombe Schritt für Schritt zusammengebaut wird. Und nach dieser Anleitung haben sie den Sprengkörper zusammengebaut."
Die Kofferbomber hatten nach NDR-Recherchen bereits im Libanon Verbindungen zu islamistischen Kreisen. Yusuf und Djihad wuchsen in strenggläubigen Familien auf. Geprägt wurden sie von erzkonservativen Vätern und radikalen Predigern. Mehrere Verwandte von Yusuf al-Haj Dib stehen der islamistischen "Djamaa´a islamiya" nahe. Ein Bruder von Yusuf zum Beispiel, Saddam Haj Dib, soll sogar der Kommandeur einer militanten Islamistenzelle sein, so die libanesischen Ermittlungsdokumente, die dem NDR vorliegen. Yusuf selbst betete schon als Kind in einer Moschee, an deren Eingang die in Deutschland verbotene Organisation Hizb at-Tahrir den Untergang des US-Imperiums und die Errichtung eines Gottesstaates ankündigt.
Ende Juli dieses Jahres hatten Jusuf Haj Dib und Jihad Hamad zwei Kofferbomben in deutschen Regionalzügen deponiert. Die Sprengsätze zündeten, aber explodierten nicht. Die Attentäter hatten einen kleinen Fehler beim Bau der Bomben gemacht. Sie hatten das Gas-Luft-Gemisch in den Flaschen falsch angemischt.
12. Dezember 2006
Originaltext: NDR Norddeutscher Rundfunk Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6561 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6561.rss2
Pressekontakt: NDR Norddeutscher Rundfunk NDR Presse und Information Telefon: 040 / 4156 - 2300 Fax: 040 / 4156 - 2199
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
44575
weitere Artikel:
- Rheinische Post: Heftiger Unions-Streit um Stammzellforschung - Hüppe attackiert Minsiterin Schavan Düsseldorf (ots) - In der Union gibt es heftigen Streit um das Thema embryonale Stammzellforschung. "Ich halte es für völlig unverständlich, wenn ausgerechnet die Union den Lebensschutz weiter in Frage stellen will und auf FDP-Trend geht", sagte der CDU-Experte Hubert Hüppe der "Rheinischen Post" (Mittwochausgabe). Der Bundestagsabgeordnete reagierte damit auf eine Ankündigung von Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen, der am heutigen Dienstag fraktionsübergreifende Gruppenanträge zur Stammzellforschung in Aussicht gestellt hat. mehr...
- NDR Info exklusiv: Führungskrise bei der NPD Niedersachsen - innerparteilicher Putsch geplant Hamburg (ots) - Die rechtsextremistische NPD in Niedersachsen steckt in ihrer tiefsten Führungskrise seit langem. Nach NDR Info vorliegenden Unterlagen wollen die als besonders brutal geltenden "Freien Kameradschaften" den Landesverband übernehmen und den bisherigen Vorstand ablösen. Mehr als zehn Prozent der rund 550 Mitlieder des NPD-Landesverbandes Niedersachsen fordern in einer Unterschriftenliste einen Sonderparteitag noch im Februar. Alleiniges Ziel sei die Ablösung des bisherigen Vorstandes und die Wahl eines neuen. Die Liste mehr...
- Ein Jahr nach WTO-Ministertreffen in Hongkong: Handelsgespräche liegen auf Eis, kein Fortschritt bei Entwicklungsfragen Berlin (ots) - Genf/Berlin/Oxford, 13. Dezember 2006: Auch ein Jahr nach der ergebnislosen Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) in Hongkong gibt es keinen Verhandlungsfortschritt bei Entwicklungsfragen, und der politische Druck auf die armen Länder wächst, so Oxfam International in einer heute veröffentlichten Erklärung. Ungeachtet ihrer ständigen Beteuerungen für multilaterale Vereinbarungen haben weder die EU noch die USA ihre in Hongkong vorgelegten Verhandlungsangebote wesentlich verbessert. Hingegen haben beide mehr...
- Ulla Jelpke: Schlamperei bei Zwangsarbeiter-Entschädigung Berlin (ots) - Zur morgen stattfindenden "abschließenden" Kuratoriumssitzung der "Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" erklärt die Kuratorin und innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE., Ulla Jelpke: Etlichen NS-Zwangsarbeitern droht die Entschädigung verweigert zu werden, weil die Bearbeitung ihrer Anträge verzögert worden ist. Der Internationale Suchdienst (ISD) des Roten Kreuzes in Bad Arolsen hat vor drei Jahren 221.000 Euro dafür erhalten, bei ihm eingereichte Anträge von Zwangsarbeitern an die zuständigen mehr...
- Der Tagesspiegel: Anwälte: Handwerkliche Qualität der Gesetze wird immer schlechter Berlin (ots) - Berlin - Der Deutsche Anwaltsverein hat der Koalition zunehmende Nachlässigkeit bei der Gesetzgebung vorgeworfen. "Die handwerkliche Qualität ist ganz klar schlechter geworden", sagte Vorstandsmitglied Ulrich Schellenberg dem Berliner "Tagesspiegel" (Mittwochsausgabe). Neue Gesetze müssten dringend sorgfältiger formuliert werden. Das Eingreifen des Bundespräsidenten beim Verbraucherinformationsgesetz und der Koalitionsrückzieher beim Rauchverbot seien symptomatisch, meinte Schellenberg, der auch Vorsitzender des Berliner mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|