Der Tagesspiegel: EZB-Präsident tritt für niedrige Lohnabschlüsse ein - Höhere Mehrwertsteuer kein Problem - Weitere Strukturreformen in Deutschland nötig
Geschrieben am 17-12-2006 |
Berlin (ots) - Trotz des Aufschwungs tritt der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, für weiterhin niedrige Lohnabschlüsse ein. "Die Tarifpartner sollten nicht vergessen, dass die Arbeitslosigkeit sich in Europa auf zu hohem Niveau bewegt", sagte er dem Tagespiegel (Montagausgabe) in einem Interview. "Wenn wir nachhaltiges Wachstum und Arbeitsplätze schaffen wollen, ist ein hohes Niveau an Verantwortlichkeit nötig."
Die bevorstehende Mehrwertsteuererhöhung bewertete Trichet als nicht besonders negativ. Zwar werde das Wirtschaftswachstum nun etwas gebremst. "Aber es gibt nicht mehr viele, die denken, dass das der deutschen Volkswirtschaft - und damit der europäischen Volkswirtschaft - sehr schwer schaden wird." Etabliert sei inzwischen die Auffassung, "dass es im laufenden Quartal dieses Jahres einen kleinen Hügel geben wird und so eine Art kleines Tal im ersten Quartal des nächsten Jahres". Ohnehin komme die Mehrwertsteuererhöhung nicht überraschend und fließe seit langem in die Prognosen der EZB ein.
Der Notenbankchef hob als positiv hervor, dass Deutschland jetzt wieder die Maastricht-Kriterien erfüllt, forderte aber weitere Strukturreformen. Zwar habe etwa das verarbeitende Gewerbe in Deutschland Fortschritte bei den Kosten gemacht, dieser Prozess müsse aber weiter gehen. "Das Ziel ist, flexibel zu werden, sich an eine Umgebung anzupassen, die sich sehr schnell verändert. Das ist wichtig für Deutschland, die wichtigste Volkswirtschaft Europas", sagte Trichet.
Allerdings stelle er auch fest, dass einige Kenndaten der Eurozone besser seien als gemeinhin wahrgenommen, etwa was die Schaffung von Arbeitsplätzen angehe. "Verstehen Sie mich nicht falsch: Das soll nicht heißen, dass wir genug Reformen gemacht haben. Es soll heißen: Wir sollten nicht entmutigt sein. Wir haben die Fähigkeit, Reformen umzusetzen, und sie zahlen sich aus", sagte Trichet.
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