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WAZ: Deutsch-polnische Eiszeit: Warschau überdreht - Kommentar von Hendrik Groth

Geschrieben am 19-12-2006

Essen (ots) - Für einige der in Deutschland unbekannten, dafür in
Polen umso kritischer gesehenen "Preußischen Treuhand" stellt die
Oder-Neiße-Linie nicht die deutsch-polnische Staatsgrenze dar,
sondern lediglich eine "Verwaltungsgrenze". Die radikale
Splittergruppe, in der sich ein paar Wenige organisiert haben, klagt
jetzt vor dem Straßburger Tribunal für Menschenrechte auf Rückgabe
ihres Eigentums, das sie durch Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg
verloren haben. Staatsrechtler sehen auf Grund der Propaganda dieser
Organisation und wegen ihrer Klage eher dringenden Handlungsbedarf
für Psychiater als für Juristen.

Die Bundesregierung und auch Erika Steinbach vom Bund der
Vertriebenen haben sich eindeutig und unmissverständlich von der
"Preußischen Treuhand" distanziert, können aber in einem Rechtsstaat
keine Klagen, seien sie noch so abenteuerlich, verhindern. Dass der
Vorgang von ganz rechts außen politisch dennoch nicht zu den Akten
gelegt werden kann, zeigt die Reaktion des abgeklärten Vorsitzenden
der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann. Es sei für alle
ein Schlag ins Gesicht, die jahrzehntelang für eine Aussöhnung
gekämpft haben, formulierte der Bischof scharf. Unmut und Zorn werde
durch die Klage geweckt.

Diese Wut instrumentalisiert nun die rechtspopulistische
Regierung in Warschau, die ihr antideutsches Feindbild dank deutschem
Extremismus weiter pflegen kann. Mit der realen Politik hat das gar
nichts zu tun, mit einer Normalisierung der Beziehungen zweier
Staaten im Rahmen der Europäischen Union auch nichts. Warschau stellt
den deutsch-polnischen Grenzvertrag infrage, mit dem die
Oder-Neiße-Grenze als endgültige Grenze 1990 bestätigt wurde. Damit
fördert die Regierung Kaczynski bei ihrer eigenen Bevölkerung Unruhe,
löst vielleicht sogar wirklich Angst aus.

Man kann der wirren Kaczynski-Politik tatsächlich unterstellen,
dass Konsequenzen solcher Art erwünscht sind. Deutschland sucht ganz
nach dem Vorbild der deutsch-französischen Freundschaft den Ausgleich
zu seinem Nachbarn im Osten. Keine demokratische Partei, kein
Repräsentant der Bundesrepublik hegt Gebietsansprüche oder will
Häuser zurück. Auch die ganz große Mehrheit der Vertriebenen will
Verständigung und europäische Partnerschaft. Die nicht nur von
Kardinal Lehmann beobachteten "Irritationen auf Regierungsebene"
werden wahrscheinlich erst dann abgestellt werden können, wenn in
Warschau wieder seriös regiert wird. Unter Kaczynski ist das nicht
möglich.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

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Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de


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