LVZ: Stellvertreterkrieg
Geschrieben am 28-12-2006 |
Leipzig (ots) - von Kostas Kipuros Es gibt sie also doch noch, die guten, weil moralisch richtigen Invasionen: Das christliche Äthiopien befreit Somalia von den islamistischen Taliban Afrikas. Gut gegen Böse - muss man da auf Details achten? Überhaupt hinsehen? Begründungen abwägen? Der UN-Sicherheitsrat jedenfalls will sich vorerst nicht mit der Angelegenheit befassen. Seltsam: Seit Herbst trägt Somalia schwer an den Folgen einer verheerenden Überschwemmung; Jetzt droht angesichts der Kämpfe zwischen äthiopischen Truppen und ihren als Übergangsregierung bezeichneten somalischen Marionetten gegen die islamischen Milizen eine humanitäre Katastrophe, dennoch vertagt sich der Sicherheitsrat ergebnislos. Offensichtlich gibt es wichtigeres. Äthiopiens Ministerpräsident Meles Zenawi hat eher beiläufig erwähnt, worum es geht, als er meinte, Somalia müsse nur noch "von allen Terroristen" befreit werden. Dabei kann Zenawi auf die Unterstützung Washingtons zählen, wo Äthiopien seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 als Verbündeter geführt wird. Die Angst, Somalia könnte zu einer weiteren Heimstatt von El Kaida werden, mischte die Karten neu. Anders als im Ogaden-Krieg von 1976, als sich Äthiopien der Unterstützung des Ostblocks und Somalia jener durch die USA erfreute, unterstützen die USA nunmehr das Regime in Addis Abeba. Doch ähnlich wie im Irak und Afghanistan hat der so genannte Krieg gegen den Terrorismus erst jene islamistischen Kräfte hervorgebracht, die zu bekämpfen er vorgibt. Das freilich war durchaus vorhersehbar, denn der Sieg der Scharia-Milizen in Mogadischu im Sommer dieses Jahres war mitnichten ein Erfolg El Kaidas oder der Beginn des heiligen Krieges am Horn von Afrika, sondern entsprang dem Bedürfnis der Bevölkerung nach Ordnung und Sicherheit. Tatsächlich ist Somalia bereits seit 15 Jahren einer der schlimmsten Kriegsschauplätze in Afrika. Seit dieser Zeit zählt das Land zu den so genannten Failed States, zu jenen Staaten also, die eigentlich gar keine sind. Der Abstieg Somalias zu einem von Kriegsfürsten, Räuberbanden und Clans beherrschten Gebiet begann, als 1991 der Diktator Siad Barré nach 22 Jahren Alleinherrschaft gestürzt wurde. 1993 diente das Land den USA als Matrix humanitärer Interventionen. Nach dem Scheitern der Doktrin versank es schließlich vollends in Chaos. Für viele Somalier war die Machtergreifung der Islamisten deshalb das kleinere Übel. Das Eingreifen Äthiopiens - selbst ein demokratiefeindliches Regime - folgt denn auch weniger hehren als vielmehr eigenen territorial-politischen Ambitionen. Damit steigt das Risiko, die afrikanischen und nahöstlichen Verbündeten der vertriebenen Islamisten auf den Plan zu rufen. Dies könnte den Ausbruch eines neuen Bürgerkrieges mit sich bringen. Der nächste Rückschlag im Kampf gegen den Terrorismus wäre nur eine Frage der Zeit.
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