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WAZ: Siemens und BenQ - ein Desaster: Der Skandal nach dem Skandal - Kommentar von Ulf Meinke

Geschrieben am 02-01-2007

Essen (ots) - Ein Kapitel deutscher Industriegeschichte geht zu
Ende. Die ehemalige Mobilfunksparte von Siemens, also der letzte
deutsche Hersteller von Handys, stellt die Produktion ein. Mit dem
Aus für die einstige Vorzeigefirma, die irgendwann zum Verlustbringer
wurde und zuletzt den exotischen Namen BenQ Mobile trug, wird
vermutlich das Schlusskapitel in einer Geschichte des grandiosen
Scheiterns geschrieben. Ausgerechnet der verwundete Siemens-Konzern
zieht abermals die Wut auf sich, schließlich war es das
Weltunternehmen aus München, das unter Führung von Klaus Kleinfeld
aus der eigentlich so ungemein zukunftsfähigen Mobilfunk-Branche
ausstieg und die heimischen Werke mitsamt der Technologie nach Taiwan
verkaufte.

Was folgte, war eine Chronik des fortgesetzten Niedergangs. Der
Skandal nach dem Skandal: BenQ blutete aus, was den bösen Verdacht
erregte, Siemens habe die Pleite der einstmals konzerneigenen Werke
in Bocholt und Kamp-Lintfort billigend in Kauf genommen, um nicht
selbst die Drecksarbeit machen zu müssen - Globalisierung pervers.
Selbst wenn es nicht so war: Die Beschäftigten fühlen sich zu Recht
verraten und verkauft, selbst der NRW-Ministerpräsident sprach von
einer "Sauerei".

Was ist nur aus der heilen Siemens-Familie geworden? Eine
auffallend hübsche Tochter, der ganze Stolz des Mutterhauses, geriet
in schlechte Hände, rutschte ab in die Verwahrlosung. Dabei ist die
Industrie-Ikone Siemens mit ihren weltweit 475 000 Mitarbeitern
einmal durch Kommunikationstechnologie groß geworden. Und Heinrich
von Pierer ließ als Konzernchef kaum eine Gelegenheit aus, sich mit
einem hauseigenen Handy fotografieren zu lassen. Dass
Mobilfunkproduktion auch am Standort Deutschland gelingen kann,
beweisen Motorola in Flensburg und Nokia in Bochum. Die Konkurrenz
hatte besser als Siemens verstanden, wie entscheidend der Dreiklang
Design, Marketing und Innovation ist.

Das Managerduo von Pierer und Kleinfeld trägt auch persönlich
Verantwortung für das BenQ-Desaster. Ihre Sanierungsversuche
scheiterten spektakulär und namentlich Kleinfeld war zeitweise direkt
verantwortlich für die Handyproduktion. Zum individuellen Versagen
kommt die katastrophale Managementstrategie, vor allem von Quartal zu
Quartal zu denken und einzelne Geschäftsbereiche allein an
kurzfristigem Profit zu messen. Wenn das Beispiel BenQ Schule macht,
wäre ein fataler Ausverkauf der deutschen Wirtschaft die Folge.
Insofern hat die aktuelle Pleite auch eine politische Dimension.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Thomas Kloß
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de


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