LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Kyrill
Geschrieben am 19-01-2007 |
Leipzig (ots) - Von Armin GörtzStürmischKyrill? Kyrill? War das nicht damals dieser Orkan? In fünf oder zehn Jahren werden die meisten Menschen ein Weilchen überlegen müssen, um sich an jene Nacht im Januar 2007 zu erinnern. Die jüngste Katastrophe war anders als die Wassermassen, die 1962 Teile Hamburgs überschwemmten und sich tief ins Gedächtnis gruben. Kyrill lässt sich schwerlich vergleichen mit dem unvergesslichen Kälteschock, unter dem Ostdeutschland zum Jahreswechsel 1978/79 erstarrte, oder mit der traumatisierenden Jahrhundertflut von Elbe und Mulde 2002. Dabei hatte der stürmische Kyrill ein durchaus vergleichbares Zerstörungspotenzial, er forderte Menschenleben und hat materielle Schäden verursacht, die sich vorerst kaum ermessen lassen. Aber er hinterlässt trotz einiger Verwüstung im öffentlichen Bewusstsein nicht das lähmende Gefühl, den Naturgewalten gänzlich schutzlos ausgeliefert zu sein. Das ist vor allem ein Verdienst der Meteorologen. Vor viereinhalb Jahren waren die Wassermassen von den Hängen des Erzgebirges geströmt, ohne dass die meisten Betroffenen die Katastrophe erahnt hatten. Diese bittere Erfahrung hat die Wetterkundler sensibilisiert. Sie warnen seither lieber dreimal zu viel als einmal zu wenig - und diesmal warnten sie eindringlich. So konnten die meisten Zeitgenossen rechtzeitig ihr Zuhause erreichen. Der Wind peitschte ihnen nicht ins Gesicht, sondern lediglich gegen die Fensterscheiben. Was blieb, war die Sorge, eine Bö könnte die Ziegel vom Dach wehen oder Äste auf das Auto vor dem Haus krachen lassen. Wer den Fernseher anschaltete, erlebte, wie Reporter - welch irrwitzige Idee - mit zerzausten Haaren im Freien herumstanden, nur um zu bezeugen, was ohnehin jeder wusste: Es stürmt. Allerdings rüttelte Kyrill so heftig an Stromleitungen und Sendemasten, dass einem Teil des Publikums die grotesken Live-Schaltungen erspart blieben. Feuerwehren und Rettungskräfte standen dank der frühzeitigen Warnung in verstärkter Bereitschaft, als die Wetterfront nahte. Die Männer und Frauen zeigten vollen Einsatz, ohne dass der Eindruck von Chaos entstand. In Dresden und Leipzig konnten Flieger übrigens trotz des starken Windes starten und landen, Straßenbahnen und Busse trotzten gleichfalls der Sturmgewalt - und die Taxibranche freute sich über jede Menge Fernfahrten. Denn die Eisenbahnen standen still. Als der Zugbetrieb noch Teil des Staatswesens war, blieb es undenkbar, in Deutschland den Schienenverkehr vollkommen einzustellen. Selbst in schwersten Kriegszeiten fuhren Züge. Diesmal schlichen sie nicht einmal auf baumlosen Nahverkehrsstraßen. Das war wohl nicht ausschließlich eine fürsorgliche, sondern zugleich eine nüchtern kalkulierte Entscheidung. Das Unternehmen beugte Schäden am Fuhrpark vor. Die Kunden können allenfalls im Einzelfall auf die Kulanz der Bahn hoffen. Ansonsten bleiben sie - wegen höherer Gewalt - auf ihren Taxi- und Hotelrechnungen sitzen und können die Belege als Gedächtnisstütze aufheben, um sich in fünf oder zehn Jahren zu erinnern: Ach, das war doch damals, als Kyrill ... @a.goertz@lvz.de
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