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Novartis-Klage bedroht Zugang zu bezahlbaren Medikamenten für Millionen Menschen

Geschrieben am 29-01-2007

Berlin (ots) - Berlin / Genf, 29. 01.2007 Der Schweizer
Pharmariese Novartis muss seine umstrittene Klage gegen die indische
Regierung, zu der die zweite mündliche Verhandlung heute in Chennai
(Indien) beginnt, zurückziehen, fordert die internationale
Entwicklungsorganisation Oxfam. Denn diese Klage gefährde den Zugang
von Millionen armer Menschen zu bezahlbaren Medikamenten.

Novartis hat zwei Gerichtsverfahren gegen Indien angestrengt,
nachdem das Land ein Patent auf das Krebsmittel Glivec abgelehnt
hatte. Nicht nur ficht Novartis die Glivec-Entscheidung an, sondern
auch einen Absatz im indischen Patentgesetz (3d), der die Produktion
von Nachahmermedikamenten (Generika) fördern soll. Solche Generika
ermöglichen armen Menschen, die sich patentierte Medikamente nicht
leisten können, überhaupt erst eine medikamentöse Behandlung.

Das Gesetz gestattet es Indien, ein Patent auf geringfügige
Weiterentwicklungen eines bereits bekannten Medikaments abzulehnen.
In Ländern wie den USA haben Unternehmen alte Medikamente leicht
verändert und wieder patentiert, um ihr Monopol zu verlängern und so
Generika vom Markt fernzuhalten. Indiens Gesetz stellt hingegen
sicher, dass diese Praxis - die "ever-greening" genannt wird - nicht
den Zugang zu erschwinglichen Generika blockiert. Die meisten
Menschen in Indien bezahlen Medikamente aus eigener Tasche. Für sie
sind preiswerte generische Alternativen lebensnotwendig.

Oxfam ist der Auffassung, dass Indiens Patentgesetz ein wichtiges
Schutzinstrument für die öffentliche Gesundheit darstellt, das den
Vereinbarungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO)
entspricht. Bisher hat kein Land innerhalb der WTO die Rechtmäßigkeit
der indischen Gesetzgebung angezweifelt.

Indische Generika sind außerdem entscheidend für die
Gesundheitsversorgung auch in anderen Entwicklungsländern. Indien ist
der weltgrößte Produzent und Exporteur - insbesondere nach Afrika -
von Generika, die wichtig für die Gesundheit von Millionen von
Menschen sind. Mehr als die Hälfte der Medikamente, die für die
Behandlung von HIV und AIDS in Entwicklungsländern eingesetzt werden,
kommen aus Indien. Sollte Novartis das Verfahren gewinnen, ist der
Zugang zu lebenswichtigen, erschwinglichen Medikamenten gegen AIDS
und andere Krankheiten in Gefahr.

"Novartis behauptet, es wolle lediglich sein geistiges Eigentum
auf ein einziges Medikament schützen. Aber in Wahrheit ist dies ein
direkter Angriff auf Indiens souveränes Recht, die öffentliche
Gesundheit zu schützen", so Corinna Heineke, Koordinatorin der
Medikamentenkampagne bei Oxfam Deutschland.

Allein der Glivec-Fall kann gravierende Auswirkungen auf Tausende
Krebskranke in Indien haben, die zukünftig möglicherweise keine
bezahlbaren generischen Versionen des Medikaments mehr bekommen
können. Das Markenmedikament Glivec kostet in Indien 27.000 Dollar
pro Patient und Jahr, die generische Version hingegen nur 2.000
Dollar.

Novartis erklärt, dass es Glivec gratis an arme Patienten abgibt.
Oxfam hält dies nicht für eine nachhaltige Form der
Medikamentenversorgung. "Novartis kann nicht garantieren, dass den
24.000 Menschen in Indien, bei denen jedes Jahr neu Leukämie
diagnostiziert wird, Glivec lebenslang umsonst zur Verfügung gestellt
wird. Unternehmerische Wohltaten sind schön und gut, aber der
Wettbewerb durch Generika ist erwiesenermaßen das wirksamste Mittel,
um Medikamentenpreise bezahlbar zu halten", führt Heineke aus.

"Ganz unabhängig vom Fall Glivec könnte die Klage von Novartis
gegen Indiens Patentgesetz fatale globale Konsequenzen für den Zugang
zu bezahlbaren Medikamenten haben", sagt Heineke. "Den indischen
Behörden liegen schätzungsweise 9000 Patentanträge vor, von denen
vermutlich etwa 7000 nur unwesentliche Veränderungen schon bekannter
Medikamente beinhalten. Sollte Indien gezwungen werden, sein Gesetz
zu ändern, könnten viele dieser Medikamente erneut patentiert werden
und wären damit tabu für den generischen Wettbewerb."

Der Novartis-Fall kommt zu einer Zeit weltweiter Schwierigkeiten
für die Pharmaindustrie. Patente auf zahlreiche umsatzstarke
Medikamente laufen aus, während nicht genügend neue Medikamente in
der Entwicklungsphase sind. Daher versuchen die Unternehmen, ihre
Monopolrechte zu verlängern und weltweit zu sichern, um dem
Wettbewerb durch Generika Einhalt zu gebieten und ihre Profite aus
vorhandenen Medikamenten zu maximieren. "Novartis sollte von seinem
Vorgehen in diesem Fall Abstand nehmen und versuchen, neue Lösungen
für die veränderte Marktsituation zu finden, anstatt stur seine
Eigeninteressen durchzusetzen und damit die Produktion von Generika
zu bedrohen, von denen Millionen Menschen abhängig sind", so Heineke.

Originaltext: Oxfam Deutschland e.V.
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=51594
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_51594.rss2

Pressekontakt:
Kontakt: Corinna Heineke, Tel.: 030-42 85 06 21


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