(Registrieren)

WAZ: Jürgen Rüttgers und die Kohle: Eine Frage der Glaubwürdigkeit - Leitartikel von Ulf Meinke

Geschrieben am 31-01-2007

Essen (ots) - Über Monate hinweg hat Ministerpräsident Jürgen
Rüttgers den Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr erfolgreich die Schau
gestohlen. Nicht nur in NRW, auch bundesweit profilierte sich der
CDU-Politiker als "soziales Gewissen" der Union. Das trug ihm den
Spitznamen "Robin Rüttgers" und das Etikett "Arbeiterführer" ein. Die
gehässige Übersetzung der SPD lautet dagegen: "Sozialschauspieler".

Es geht auch um die Frage der Glaubwürdigkeit des
Ministerpräsidenten, wenn nun um die Zukunft der deutschen Steinkohle
gerungen wird. Denn hinter dem Schlüsselbegriff "sozialverträglicher
Ausstieg" verbirgt sich die Frage, wie Rüttgers mit 33 000 Bergleuten
und ihren Familien umgeht. Insgesamt sind es sogar rund 100 000
Beschäftigte des RAG-Konzerns, die nur durch einen klugen
Kohle-Kompromiss zwischen Bund, Land, Gewerkschaft und Unternehmen
eine Perspektive erhalten. Dies verdeutlicht: Der Bergbau eignet sich
nicht für politische Show-Veranstaltungen.

Dass Rüttgers den scheinbar längst beschlossenen Kompromiss der
Großen Koalition noch einmal infrage stellte, ist schon
bemerkenswert. Man darf dem Ministerpräsidenten ehrenwerte Ziele
unterstellen, wenn er sich dafür stark macht, dass die
milliardenschweren Ewigkeitskosten nach dem Ende des Bergbaus nicht
allein den NRW-Haushalt belasten. Schließlich ist es
unverantwortlich, künftigen Generationen einen Schuldenberg zu
hinterlassen, der heute durch unnötige Subventionen entsteht. Und
doch verwundert, dass Rüttgers urplötzlich einen von CDU/CSU
gefeierten "historischen Beschluss" noch einmal ins Wanken brachte.
Auch wenn jeder Vergleich hinken mag: Irgendwie erinnert dies an
Bayerns Ministerpräsidenten Stoiber, der zunächst der Berliner
Gesundheitsreform zustimmte, um diese später zu zerreden. Beim Bürger
bleibt stets der Eindruck von Parteien-Gezänk, einem Polit-Poker auf
dem Rücken der Beschäftigten.

Das taktische Manöver des NRW-Ministerpräsidenten bietet der
Opposition Angriffsfläche. Ohnehin wirft sie Rüttgers vor, sonntags
sozial zu reden, montags bis freitags dagegen marktliberal zu
handeln. Ironischerweise fand der Kohlegipfel, der den angeblichen
Durchbruch brachte, tatsächlich an einem Sonntag statt. Das Murren
über Ministerpräsidenten, die regelmäßig mühsam ausgehandelte
Kompromisse gefährden, ist weit verbreitet. Ja, Jürgen Rüttgers muss
vor allem das Wohl Nordrhein-Westfalens im Blick haben. Doch dadurch
darf er nicht eine in der Tat historische Weichenstellung im Kern
gefährden.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Thomas Kloß
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

51748

weitere Artikel:
  • Börsen-Zeitung: Mehr Klarheit und Wahrheit, Kommentar zur Erbschaftsteuer von Stephan Lorz Frankfurt (ots) - Die Karlsruher Richter haben dem Gesetzgeber eine schallende Ohrfeige verpasst. Zu lange hat er sich um eine Neufassung des Erbschaftsteuerrechts herumgedrückt, jahrelang an den überkommenen Strukturen herumgepuzzelt und sich dabei vom verfassungsrechtlich gebotenen Gleichheitsgrundsatz mehr und mehr entfernt. Statt sich um ein neues, in sich stimmiges Steuerkonzept zu kümmern, wurde ein rechtliches Ungetüm geschaffen, das die politisch gewünschte Bevorzugung etwa von Immobilien und Betriebsübergaben nur über den Umweg mehr...

  • Grösste Studie der Welt über Online-Glücksspieler veröffentlicht London (ots/PRNewswire) - Eine enormes neues Umfrageprojekt mit fast 11.000 Spielern aus 96 Ländern ergab die erste umfassende Erfassung von "durchschnittlichen" Online-Glücksspielern. Der "eCOGRA Global Online Gambler Survey" wurde von dem brancheneigenen Selbstregulierungsorgan eCOGRA (www.ecogra.org) in Auftrag gegeben und ist bislang die grösste Studie zum Verhalten und zur Einstellung von Spielern. Allgemeine Informationen Eine der überraschendsten Erkenntnisse ist die Tatsache, dass obwohl das Spielen um Geld bei der unterhaltsamen mehr...

  • Laureate Pharma meldet Rekordwachstum für 2006 Princeton, New Jersey (ots/PRNewswire) - - Starke Leistung in 2006 verleiht Schwung für 2007 Laureate Pharma, Inc., ein Unternehmen, das umfassende Dienstleistungen auf dem Gebiet der Biopharmaentwicklung und der Proteinherstellung bietet, freut sich bekannt geben zu können, dass das Unternehmen mit 14 neu unterzeichneten Vereinbarungen und einem Anstieg des Auftragsbestands von über 240 % im Vergleich zu 2005 ein Rekordwachstum für 2006 erzielt hat. Das Unternehmen vergrösserte seine Belegschaft um mehr als 25 %, wird bald die Erweiterung mehr...

  • ULDAGE stellt Patentpool-Lizenz für japanische digitale Übertragungsstandards (ARIB-Standards) vor Tokio (ots/PRNewswire) - ULDAGE Inc. gab heute bekannt, dass die Patentpool-Lizenz für ARIB-Standards (ARIB Essential Patent License) ab sofort verfügbar ist. Die Lizenz umfasst wichtige Patente, die sich in Besitz von France Telecom, Hitachi, Ltd., Matsushita Electric Industrial Co., Ltd., Mitsubishi Electric Corporation, Nippon Hoso Kyokai (NHK), Sanyo Electric Co., Ltd., Sharp Corporation, Sony Corporation, Toshiba Corporation und der Victor Company of Japan, Limited, befinden. Die oben genannten Unternehmen haben nun alle den folgenden mehr...

  • Weiter Trend zur Pflege in Heimen und ambulanten Diensten Wiesbaden (ots) - Im Dezember 2005 waren 2,13 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI). Das waren nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes rund 52 000 oder 2,5% mehr als 2003 und 112 000 beziehungsweise 5,6% mehr als bei der ersten Durchführung der Erhebung im Jahr 1999. Die Mehrheit (82%) der Pflegebedürftigen war 65 Jahre und älter; ein Drittel (33%) 85 Jahre und älter. 68% der Pflegebedürftigen waren Frauen. Mehr als zwei Drittel (68% oder 1,45 Millionen) der Pflegebedürftigen mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht