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Börsen-Zeitung: Mehr Klarheit und Wahrheit, Kommentar zur Erbschaftsteuer von Stephan Lorz

Geschrieben am 31-01-2007

Frankfurt (ots) - Die Karlsruher Richter haben dem Gesetzgeber
eine schallende Ohrfeige verpasst. Zu lange hat er sich um eine
Neufassung des Erbschaftsteuerrechts herumgedrückt, jahrelang an den
überkommenen Strukturen herumgepuzzelt und sich dabei vom
verfassungsrechtlich gebotenen Gleichheitsgrundsatz mehr und mehr
entfernt. Statt sich um ein neues, in sich stimmiges Steuerkonzept zu
kümmern, wurde ein rechtliches Ungetüm geschaffen, das die politisch
gewünschte Bevorzugung etwa von Immobilien und Betriebsübergaben nur
über den Umweg der Vermögensbewertung erreicht. Das ist nicht nur
verfassungswidrig, sondern auch höchst undurchsichtig und mit vielen
Nebenwirkungen befrachtet, was dem Erbschaftsteuerrecht viel von
seiner Zielgenauigkeit raubt.

Das Bundesverfassungsgericht hat solchem Gebaren nun einen Riegel
vorgeschoben und den Gesetzgeber ultimativ zu einer Neuregelung bis
Ende 2008 aufgefordert. Die Steuerbemessungsgrundlage soll künftig
für alle Vermögenswerte nach gleichen Grundsätzen und verkehrswertnah
ermittelt werden. Doch können, und hier akzeptiert das Gericht die
Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, Ausnahmen formuliert werden,
sofern hierzu ausreichende Gemeinwohlgründe vorliegen. Die große
Koalition kann also das geplante Gesetz zur steuerlichen Begünstigung
der Unternehmensnachfolge weiterverfolgen und muss daran wohl auch
konzeptionell keine gravierenden Änderungen vornehmen. Viele
Mittelständler werden aufatmen.

Durch die strikte Einheitlichkeit der Bewertungsmaßstäbe
einerseits und die auf dieser Basis dann formulierten Ausnahmefälle
andererseits kommt mehr Klarheit und Wahrheit in die Debatte. Die
Politik muss künftig konkret begründen und benennen, weshalb welche
Gruppierungen steuerlich begünstigt werden. Das bisherige
Versteckspiel hat ein Ende.

Allerdings liegt in der Neufassung auch ein Risiko: Die SPD will
nämlich eine neue Gerechtigkeitsdebatte vom Zaun brechen. Mit dem im
nächsten Jahr anlaufenden Wahlkampf dürfte das Thema noch an Brisanz
gewinnen. Kann also gut sein, dass das Erbschaftsteuerrecht dann doch
wieder verkompliziert wird und die Zahl der Ausnahmen die
grundsätzliche Zielrichtung abermals ad absurdum führt. Das
Gemeinwohl liegt aus Sicht der Berliner Politpraktiker schließlich
verdammt nah am Parteienwohl.

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=30377
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

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Rückfragen bitte an:
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Telefon: 069--2732-0


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