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Nationaler Ethikrat legt Stellungnahme / "Prädiktive Gesundheitsinformationen beim Abschluss von Versicherungen" vor

Geschrieben am 01-02-2007

Berlin (ots) - Nach intensiven Beratungen veröffentlicht der
Nationale Ethikrat am heutigen Donnerstag seine Stellungnahme zu
prädiktiven Gesundheitsinformationen im Versicherungswesen.

Gegenstand dieser Stellungnahme ist die Frage, inwieweit es
zulässig sein soll, dass Versicherungsunternehmen den Abschluss bzw.
die Prämienhöhe privater Personenversicherungsverträge von der
Erhebung und Nutzung prädiktiver Gesundheitsinformationen der
Antragsteller abhängig machen. Die Stellungnahme bezieht sich nicht
auf gesetzliche Versicherungen, z. B. die gesetzliche Kranken- oder
Rentenversicherung.

Mit genetischen Untersuchungen, aber auch mit anderen
diagnostischen Verfahren der modernen Medizin können gesundheitliche
Risiken oder Krankheiten lange vor ihrer Manifestation vorhergesagt
werden. Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Ethikrat, dass die im
Folgenden genannten Regelungen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte
des Antragstellers nicht nur auf Ergebnisse genetischer
Untersuchungen, sondern auch auf Ergebnisse anderer vorhersagender
Untersuchungen (z. B. bildgebende Verfahren, biochemische und
elektrophysiologische Methoden) angewendet werden.

Der Versicherer sollte nur Informationen zur Gesundheit des
Antragstellers erheben dürfen, insofern sie für den einzelnen
Versicherungsvertrag erforderlich sind und sich aus den Angaben des
Antragstellers konkrete Hinweise auf Vorerkrankungen, aktuelle
Erkrankungen, gegebenenfalls auch Fragen des gesundheitsrelevanten
Lebensstils ergeben.

Der Ethikrat befürwortet die Aufrechterhaltung der freiwilligen
Selbstverpflichtungserklärung, derzufolge die Mitgliedsunternehmen
des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. -
bisher bis zum 31. Dezember 2011 - auf die Mitteilung und
Berücksichtigung der dem Antragsteller bekannten Ergebnisse von
prädiktiven genetischen Tests verzichten. Das Moratorium sollte
jedoch auf prädiktive genetische Informationen ausgedehnt werden, die
der Antragsteller auf andere Weise als durch eine molekular- oder
zytogenetische Untersuchung erworben hat, etwa aus biochemischen
Untersuchungen oder der Familienanamnese.

Eine allgemeine Befragung der behandelnden Ärzte ohne konkrete
Hinweise auf eine Krankheit oder ein Krankheitsrisiko sollte
unzulässig sein. Eine Entbindung von der Schweigepflicht und die
Auskunft der behandelnden Ärzte müssen sich auf einen konkreten
Sachverhalt beziehen, zu dem der Versicherer im Rahmen der
Risikoprüfung Auskunft verlangen darf.

Das Recht der Versicherer, zur Risikoprüfung eine medizinische
Untersuchung des Antragstellers zu verlangen, ist deutlich
einzuschränken. Bei "normalen" Versicherungsverträgen (ohne
ungewöhnlich hohe Versicherungssummen) sollten Untersuchungen und
Erhebungen zur Ermittlung von bestehenden Krankheiten und
gesundheitlichen Risiken, die dem Antragsteller nicht bekannt sind
und für die es keine konkreten Hinweise aus der Vorgeschichte oder
aufgrund seines gegenwärtigen Zustands gibt (sog. Suchverfahren),
grundsätzlich ausgeschlossen sein. Das gilt insbesondere auch für
Fragen nach der Familienanamnese. Als "normale" Versicherungsverträge
sollten Verträge zur Deckung der im Krankheitsfall entstehenden
Kosten für die ärztliche Behandlung und andere Heilmaßnahmen gelten
sowie Verträge, bei denen die Versicherungsleistung in einer
einmaligen Kapitalauszahlung, einer Altersrente, Berufs- oder
Erwerbsunfähigkeitsrente oder in einer Pflegerente bis zu einer
bestimmten Höhe besteht.

Die hier für den "Normalfall" der Versicherung geforderten
Beschränkungen des Frage- und Untersuchungsrechts der Versicherer
sollten nicht gelten, wenn Versicherungsleistungen oberhalb des
Üblichen vereinbart werden sollen.

Um die in dieser Stellungnahme empfohlenen Beschränkungen der
Erhebung und Nutzung voraussagender Gesundheitsinformationen beim
Abschluss privater Personenversicherungen zur Geltung zu bringen,
bedarf es nicht zwingend einer umfassenden gesetzlichen Regelung. Die
Rechtsprechung kann durch Interpretation des bestehenden Rechts im
Sinne der Empfehlungen wirken. Auch kann die Versicherungswirtschaft
die Empfehlungen faktisch umsetzen und in der Praxis durch
Mustervertragsbedingungen und Selbstverpflichtungserklärungen
verlässlich machen.

Die Stellungnahme "Prädiktive Gesundheitsinformationen beim
Abschluss von Versicherungen" ist online verfügbar unter
http://www.ethikrat.org/stellungnahmen/stellungnahmen.html .

Originaltext: Nationaler Ethikrat
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=42978
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_42978.rss2

Pressekontakt:
Ulrike Florian
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Nationaler Ethikrat
Jägerstrasse 22/23
D-10117 Berlin

Tel: +49 +30 203 70-246
Fax: +49 +30 203 70-252
E-Mail: florian@ethikrat.org
URL: http://www.ethikrat.org


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