Westdeutsche Zeitung: Gesundheitsreform = von Alexander Marinos
Geschrieben am 02-02-2007 |
Düsseldorf (ots) - Die Annahme, in der Berliner Republik sei der Abgeordnete deutlich näher an den Menschen als er es im beschaulichen Biotop Bonn je sein konnte, hat sich endgültig als falsch herausgestellt. Mit Volksvertretung hatte das, was der Bundestag gestern in Sachen Gesundheitsreform beschlossen hat, jedenfalls rein gar nichts zu tun. Es handelte sich eher um Volksverdummung. Die meisten Abgeordneten der Großen Koalition taten das, was sie am besten können: sich als Stimmvieh missbrauchen zu lassen. Nur einige wenige blickten durch. Allen aber musste klar sein, dass es sich um den mit Abstand größten Murks handeln dürfte, der je in eine Gesetzesform gepresst wurde. Statt nun Schaden vom Volke abzuwenden, wie es zu den vornehmsten Pflichten eines Abgeordneten gehört, ließen sie das Gesetz passieren - oder leisteten auf fast schon lächerliche Weise "Widerstand". Und das ging so: Im Fachausschuss, der den Bundestagsbeschluss vorbereitete, ließen sich die Kritiker von geübten Ja-Sagern vertreten, um die Mehrheiten hier nicht zu gefährden. Erst dort, wo es wegen der Stimmverhältnisse ungefährlich war, also im Bundestag selbst, konnten die "Revoluzzer" dann mit Nein stimmen. Das war schon beeindruckend! Gibt nun auch noch der Bundesrat grünes Licht, was zu erwarten ist, dann dürfte im Gesundheitswesen weniges besser und vieles schlechter werden. Mehr Transparenz? Fehlanzeige. Die Koalition konnte sich nicht einmal darauf verständigen, dass auch Kassenpatienten künftig einen Einblick bekommen, welche Leistungen ihre Ärzte abrechnen. Mehr Marktwirtschaft? Im Gegenteil. Die Bundesregierung wird die Kassen und ihre Beiträge mehr denn je kontrollieren können. Am Ende entscheidet dann nicht der echte Finanzbedarf, sondern die politische Großwetterlage. Geradezu skandalös aber ist, dass am Anfang dieser so genannten Reform etwas steht, wozu es nun wirklich keiner Reform bedurft hätte: eine weitere Erhöhung der Beiträge. Hatte die Koalition nicht hoch und heilig versprochen, die Lohnzusatzkosten zu senken oder wenigstens stabil zu halten, damit mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse entstehen? Dieses Ziel wird verfehlt. Mehr noch: Es wird ins Gegenteil verkehrt. Schaden vom Volke abwenden - das kann am Ende wohl nur noch der Bundespräsident. Oder das Bundesverfassungsgericht. Das entscheidet dann im Namen des Volkes. Hoffentlich.
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