Börsen-Zeitung: Überzogene Klagen, Kommentar von Stephan Lorz zur Tarifforderung der IG Metall
Geschrieben am 06-02-2007 |
Frankfurt (ots) - Es gehört zu den Tarifritualen, dass nach einer Lohnforderung seitens der Gewerkschaften - egal wie sie auch ausfällt - sogleich die Schar der Arbeitgeber Weltuntergangsstimmung verbreitet. Sie warnen vor einer verschlechterten Wettbewerbsposition, dem Abwürgen der Konjunktur und dem Verlust von Arbeitsplätzen. Dabei ist längst klar, dass die von der IG Metall jetzt geforderte Lohnerhöhung von 6,5% ohnehin nicht im Tarifabschluss stehen wird. Erfahrungsgemäß kommt immer ein Wert etwas über der Hälfte der Forderung heraus. Wegen der Unzufriedenheit an der Gewerkschaftsbasis mag es diesmal etwas mehr sein. Ob gleich eine Vier vor dem Komma stehen wird, ist indes fraglich.
Die laute Klage der Arbeitgeber über die "überzogene Tarifforderung" ist inhaltlich nicht sehr überzeugend. Stets haben sie auf die Lohnformel "Produktivitätsentwicklung plus Inflationszuschlag" verwiesen, wenn es um ihre Forderungen nach Lohnmäßigung ging. In den vergangenen Jahren nutzten die Tarifparteien den Verteilungsspielraum denn auch nicht aus. Wenn sich die Zeiten bessern, so hieß es damals, sei wieder ein größerer Schluck aus der Pulle drin, was letztlich - und für diese Einschätzung muss man kein Keynesianer sein - auch der noch zurückhaltenden privaten Nachfrage in Deutschland zugute käme.
Für das laufende Jahr reicht der Verteilungsspielraum in der Metallbranche nun wirklich dicht an die 4% heran. Bei Abschlüssen bis zu 3,5% wäre man also locker auf der sicheren Seite. Angesichts der phänomenalen Gewinnentwicklung in den vergangenen zwei Jahren ist auch das Geld da, mit dem die Lohnsteigerungen finanziert werden können. Bei den eigenen Gehältern haben sich die Vorstände ja auch nicht zurückgehalten.
Alles Schnee von gestern, tönen jetzt die Arbeitgeber. 2007 verspricht kein so gutes Jahr zu werden wie 2006. Doch auf diese Weise wurden die Arbeitnehmer schon bei der vorigen Tarifrunde abgespeist. Die Arbeitgeber hielten den damaligen Abschluss von 3% für angemessen. Dann zog die Konjunktur aber erst so richtig an. Trotzdem machten nur 10% der Unternehmen nach Gewerkschaftsangaben von der auch damals schon vereinbarten Zusatzzahlung Gebrauch. Kein Wunder, dass die Arbeitnehmervertreter nun dem Arbeitgeberangebot eines Konjunkturzuschlags mit Argwohn begegnen.
(Börsen-Zeitung, 7.2.2007)
Originaltext: Börsen-Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=30377 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
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