LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Russland
Geschrieben am 11-02-2007 |
Leipzig (ots) - Willkommen im Kalten Krieg? Die Art und Weise, wie sich die einst verfeindeten Supermächte verbal attackieren, erinnert an längst überwunden geglaubte Zeiten: Vorwürfe, Misstrauen, Anschuldigungen und Schmähungen. Das ist längst nicht mehr der Ton zwischen Verbündeten im Kampf gegen den Terrorismus. Das ist der Umgang von Kontrahenten. Vorbei die Zeit, da Kremlchef Putin nach dem 11. September zum Telefonhörer griff, um US-Präsident Bush seine Solidarität zu versichern. Vorbei auch die Hoffnung, aus den Trümmern des Ost-West-Konfliktes würde endlich die versprochene Friedensdividende sprießen. Das klingt nicht eben optimistisch, aber ein Grund zur Panik ist Putins Auftritt dennoch nicht. Der harsche Ton des Kremlchefs markiert vor allem eins: den Abschied von der romantischen Vorstellung, mit dem Ende des Kalten Krieges hätte auch das Ende geostrategischer Interessen von Großmächten geschlagen. Gewiss, es gibt keine Systeme mehr und insofern auch keine Gefahr des Rückfalls in den Kalten Krieg. Wohl aber gibt es Staaten, die immer weniger Freunde, dafür immer mehr Interessen kennen. Deshalb muss bitter enttäuscht sein, wer noch glaubte, allgemeine Ideale, wie Menschenrechte und Demokratie, ließen sich von den Vereinten Nationen mit dem Zugpferd USA durchsetzen. Imperien - und als ein solches sieht sich Russland neben den USA - unterliegen anderen Gesetzmäßigkeiten als Staaten. Während sich Mittelmächte empfänglich für einen Interessenausgleich erweisen, entscheiden sich Imperien auch für Alleingänge und die Ausspielung von Macht. So gesehen war der ernüchternde Auftritt Putins sogar überfällig, weil ein Indiz des Selbstbildes. Russlands Wiederkehr als Akteur - etwa im Nahen Osten, auf dem Balkan oder auf der energiepolitischen Bühne - belegt den Willen, diese Stärke auch im eigenen Interesse einzusetzen. Putins harsche Wortwahl muss deshalb auch als Konsequenz der bitteren Erfahrung Russlands gesehen werden, dass eigene Schwäche ausgenutzt wird. Nato-Osterweiterung, eigennützige Auslegung des Zwei-Plus-Vier-Vertrags durch den Westen, die geplante Raketenabwehr in Tschechien und in Polen sowie das Vordringen der USA auf das energiepolitisch höchst brisante Territorium Mittelasiens - auf diese Herausforderungen antwortet nun Moskau. Stück für Stück und mit zum Teil ausgesprochen undiplomatischer Art. Muss man Russland deswegen wieder fürchten? Selbst ein pessimistischer Ansatz der Beurteilung Russlands kann nicht ignorieren, dass die globalen Konflikte der Gegenwart und Zukunft nicht unipolar gelöst werden können. Darin dürften sich selbst die europäischen Bündnispartner Washingtons einig sein. Bushs Überdehnung der amerikanischen Macht, die im Irak und in Afghanistan ihren sichtbarsten Ausdruck findet, hat Freiräume geschaffen, in die Russland drängt. An dieser Politik wird auch Putins Nachfolger - wer auch immer das sein wird - anknüpfen. Harmonisch wird es dabei nicht immer zugehen, zumindest aber berechenbar.
Originaltext: Leipziger Volkszeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2
Pressekontakt: Rückfragen bitte an: Leipziger Volkszeitung Redaktion Telefon: 0341/218 11558
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
53492
weitere Artikel:
- Lausitzer Rundschau: Barack Obama will US-Präsident werden: Völliger Neuanfang Cottbus (ots) - Er wird es schwer, sehr schwer haben, dieser Barack Obama. Denn er ist der erste Schwarze, der erste Afro-Amerikaner, wie es dort US-politisch korrekt heißt, der eine ernsthafte Chance hat, der Präsidentschaftskandidat einer der großen Parteien der USA zu werden. Und weil er nicht als völliger Außenseiter ins Rennen geht, wird er auch nicht geschont werden. Er könnte in zwei Jahren schließlich nicht nur Kandidat, sondern auch Hausherr im Weißen Haus werden. Denn die Amerikaner sind der großen politischen Namen müde. Die mehr...
- Stuttgarter Nachrichten: zu Putin: Stuttgart (ots) - Die Welt ist nach dem Ausbruch des Moskauer Vulkans Putin gewiss nicht weniger friedlich geworden. Von einer neuen Eiszeit, einem zweiten Kalten Krieg gar, kann nicht die Rede sein. Nicht in der Rede Putins. Der Präsident hat lediglich zum Stilmittel der Provokation gegriffen, um seinen Machtanspruch zu festigen, um sich als ebenbürtiger Partner im Spiel der Mächtigen in Erinnerung zu rufen. Stratege, der er ist, wählt er dazu einen Zeitpunkt, an dem Amerika selbstverschuldet außenpolitisch geschwächt ist. Putin teilt mehr...
- Lausitzer Rundschau: Sicherheitskonferenz in München: Putins Paukenschlag Cottbus (ots) - Mehr Sicherheit ist durch das Ende der Ost-West-Konfrontation nicht eingekehrt. Die Zahl der Konfliktherde dürfte sogar größer sein als zu Zeiten des Kalten Krieges. Russlands Präsident Wladimir Putin hat dieses Problem in schonungsloser Offenheit angesprochen - und als Ursache die wachsende Dominanz des militärischen Denkens und Handelns ausgemacht. Vor seiner transatlantischen Zuhörerschaft war das gewiss eine Provokation. Auch hat Russland etwa gegen abtrünnige Republiken oft selbst genug die militärische Karte der mehr...
- Lausitzer Rundschau: Vorsorgeuntersuchungen als Pflicht: Was uns Kinder wert sind Cottbus (ots) - In Deutschland leben 200 000 Kinder in verwahrlosten Zuständen oder müssen Misshandlungen über sich ergehen lassen. Zwei Kinder, so die Schätzung des UN-Kinderhilfswerks aus dem vergangenen Jahr, sterben in Deutschland jede Woche durch Schläge oder Vernachlässigung. Eine Zahl, die Angst macht. Und erklärt, warum eine große Mehrheit der Bevölkerung für verpflichtende Früherkennungsuntersuchungen ist. In einer Forsa-Umfrage sprachen sich 85 Prozent der Befragten für solche Untersuchungen aus. Wirklich spannend aber wäre eine mehr...
- Rheinische Post: Kindergeld nicht aufstocken Düsseldorf (ots) - Von Detlev Hüwel Der Vorschlag der SPD, auf die Erhöhung des Kindergeldes zu verzichten und dafür mehr Betreuungsangebote zu schaffen, ist nicht ganz neu. Schon seit Monaten diskutieren die Genossen über diesen Plan, der vor allem bei der SPD in NRW auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Auch die Union müsste sich damit anfreunden können. Es war schließlich der nordrhein-westfälische Familienminister Armin Laschet, der an der Kindergeld-Schraube drehen wollte. Zehn Euro weniger, so hatte er vorgerechnet, reichten aus, mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|