Lausitzer Rundschau: Die Lausitzer Rundschau Cottbus zur Rede Angela Merkels vorm Bundestag: Merkels Kleinmut
Geschrieben am 29-03-2006 |
Cottbus (ots) - Angela Merkel hat Recht: Die große Koalition steht bei der Gesundheitsreform vor einer ganz großen Bewährungsprobe. Wer ihrer Rede gestern im Bundestag zuhörte, muss allerdings zu dem Schluss kommen, dass dabei nur Kleinmut zählt. Unser Gesundheitswesen wird tendenziell teurer werden, sagt die Kanzlerin. Das mag aus demographischen Gründen sogar stimmen. Am Anfang einer politischen Kompromiss-Suche ist Merkels Feststellung jedoch brandgefährlich. Kein anderer Wirtschaftszweig hat derart vermachtete Strukturen wie das deutsche Gesundheitswesen. Ärzte-, Pharma- und Kassen-Lobby geben sich im Berliner Regierungsviertel die Klinke in die Hand. Es geht um Pfründe und Milliarden. Wer von vornherein den Geldhahn aufdreht, der spielt den Interessenverbänden in die Hände. Eine Anleitung zum Sparen sieht jedenfalls anders aus. Anstatt immer gleich über höhere Einnahmen nachzudenken, wäre es an der Zeit, das System auf mehr Effizienz und Wettbewerb zu durchforsten. In kaum einem anderen Land ist zum Beispiel die doppelte Facharztstruktur in Kliniken und Praxen so ausgeprägt wie bei uns. Krankenhausärzte müssen Patienten stationär aufnehmen, nur um sie behandeln zu können. Das führt zu enormen Mehrkosten. Auch bei der Arzneimittelversorgung gibt es satte Sparpotenziale, ohne dass die Behandlungsqualität darunter leiden würde. Merkels verhängnisvoller Satz dürfte zwar die Konsensfindung in der großen Koalition erleichtern. Doch damit gehen Union und SPD nur den Weg des geringsten Widerstands. Ein großer Wurf kann daraus nicht werden.
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