ZDF-Programmhinweis / Mittwoch, 28. März 2007, 22.10 Uhr,
Donnerstag, 29. März 2007, 23.00 Uhr, Freitag, 30. März 2007, 22.35
Uhr, Wettlauf um die Welt
Geschrieben am 15-02-2007 |
Mainz (ots) - Mittwoch, 28. März 2007, 22.10 Uhr Wettlauf um die Welt 1. Das Ende der Deutschland AG Markt ohne Grenzen Film von Stefan Aust und Claus Richter
"Globalisierung" bedeutet für viele Bundesbürger Dumpinglöhne, Jobexport nach Asien oder Osteuropa, Angst um den Arbeitsplatz und die schwer durchschaubaren Machenschaften großer Finanzinvestoren. Doch Globalisierung bedeutet auch, dass Hunderte Millionen Menschen vor allem in Asien der Armut entronnen sind, dass jeder T-Shirt- oder Sportschuh-Käufer über den niedrigen Preis seinen kleinen individuellen Vorteil aus dem weltweiten Handel zieht.
In der dreiteiligen Dokumentationsreihe "Wettlauf um die Welt" untersuchen "SPIEGEL"-Chefredakteur Stefan Aust und Claus Richter, Redaktionsleiter des ZDF-Magazins "Frontal 21", die Rolle, die Deutschland bei der Globalisierung spielt und in Zukunft spielen kann. Sie zeigen, wie das Tempo der Weltwirtschaft zugenommen hat und unser Leben immer mehr beeinflusst.
Die Autoren untersuchen die internationalen Warenströme und die Vernetzung der Märkte; die Chefs großer deutscher Unternehmen wie BASF, Continental, SAP oder Adidas geben Auskunft über Strategien, Chancen, Risiken und den Takt, den die Kapitalmärkte den Managern diktieren. Gewerkschafter wie Michael Sommer oder Berthold Huber schildern, wie sie das wachsende Ungleichgewicht zwischen Kapital und Arbeit korrigieren wollen. Doch gerade der Blick von außen auf das zweifelnde Land ist interessant. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz sieht in der Bundesrepublik einen der "besser gerüsteten Spieler in einer Welt, die immer mehr vom Wettbewerb geprägt ist". Der indische IT-Milliardär Azim Premji sieht "große Chancen für Deutschland", will weitere Marktanteile erobern und sucht dafür dringend deutsche IT-Fachleute. "Global agieren heißt auch, lokal bei den Kunden präsent zu sein."
Zu Teil 1: Die Wut ist greifbar in Berlin Spandau; sie artikuliert sich in kämpferischen Parolen, harschen Sprüchen auf Transparenten und einer rigiden Zufahrtskontrolle zum bestreikten Werk.
Die Mitarbeiter der Bosch-Siemens-Haushaltsgeräte (BSH) im Süden der Hauptstadt kämpfen verzweifelt um ihre Jobs. Das Management will Arbeitsplätze nach Polen und Italien verlagern, die 600 Männer und Frauen sehen ihre Zukunft bedroht. Alltag im weltweiten Wettbewerb der Markt ohne Grenzen setzt besonders den alten Branchen der Hochlohnländer zu.
Probleme, die sich 300 Kilometer nordwestlich relativieren. Eine fröhliche Gesellschaft zelebriert an einem kühlen Spätsommertag 2006 im Hamburger Hafen die Taufe des Container-Riesen "Cosco Germany". Der Gastgeber ist hanseatischer Reeder, der Chef der Bauwerft Koreaner, die Taufpatin chinesische Diplomaten-Gattin, die übrigen Gäste sind aus fast aller Welt eingeflogen. Es gibt heitere Ansprachen, Champagner und ein Gala-Diner. Globalisierung positiv.
Seit dem Fall der Mauer und dem Ende der Blöcke hat sich die Weltwirtschaft verändert wie noch nie zuvor. Mischa Richter, der Kapitän der "Cosco Germany", belegt das mit seiner Biografie und an jedem Arbeitstag. Geboren in der ehemaligen DDR, heuerte er im Winter `89 bei einer Hamburger Reederei an. Über die Jahre konnte der Kapitän in den fremden Häfen, die er anlief, den Aufschwung beobachten. Gleichzeitig erlebte er bei den regelmäßigen Heimaturlauben den mühsamen Aufbau Ost mit.
Während mehr als zwei Milliarden Menschen als zusätzliche Arbeitskräfte auf den weltweiten Arbeitsmarkt strömten, richtete sich die Aufmerksamkeit der Deutschen vor allem auf ihr eigenes Land. "Wir haben die Augen schon ein bisschen sehr auf die Aufgaben in den neuen Ländern gehabt", sagt Berthold Huber, Zweiter Vorsitzender der IG Metall. Und Conti-Chef Manfred Wennemer meint: "Die Einheit war ein großes Glück. Sie hat nur den Blick verstellt, was sich anderswo auf der Welt abspielte."
Deutschland nahm mit Verzögerung am neuen Wettlauf um die Welt teil, der von der Revolution in der Informationstechnologie ausgelöst worden war. Gleichzeitig verabschiedete sich auch das alte und bewährte Geflecht aus Industrie, Banken und Sozialpartnern. Die Deutschland AG war tot. Es wurde rationalisiert, modernisiert und - als Konsequenz - entlassen. Mehr als eine Million Industriearbeitsplätze sind in den vergangenen Jahren aus der Bundesrepublik verschwunden. Die Folge: die deutschen Unternehmen sind heute in der Mehrzahl so gut und schlank aufgestellt wie seit langem nicht; die Belegschaften aber sind verunsichert. Und manchmal auch bereit, um ihre Jobs zu kämpfen.
Die Belegschaft der Waschmaschinenfabrik BSH in Berlin trotzte dem Management nach monatelangem Streik den befristeten Erhalt zumindest eines Teils der Arbeitsplätze ab. Die "Cosco Germany" passiert am zwölften Tag ihrer Reise den Suezkanal. Mischa Richter sagt: "Es ist schon spannend, was wir in Europa erlebt haben. Was in Asien aber geschieht, das ist atemberaubend." Nächster Zielhafen seines Schiffs ist Singapur.
Donnerstag, 29. März 2007, 23.00 Uhr Wettlauf um die Welt 2. Deutschland im Umbruch - Die erzwungene Revolution Film von Stefan Aust und Claus Richter
24/7/365 - das ist die Formel, die Unternehmensstrategen heute benutzen müssen. Die Formel im Klartext: 24 Stunden, sieben Tage die Woche das ganze Jahr über kann weltweit produziert, gehandelt, transportiert werden. Jeder ist jederzeit erreichbar. Unser Alltag hat sich durch PC, Internet und Handy beschleunigt; es gibt neue Chancen, aber auch neue Zwänge. Noch viel mehr aber haben sich die Abläufe in Industrie, Handel und Finanzsektor verändert.
Die "Cosco Germany" ist kein kleines Schiff, vor der Skyline von Singapur und im Gewimmel des Hafens aber wirkt sie zierlich. Singapur ist der größte Containerhafen der Welt. Alle großen Reedereien laufen hier ein, alle großen Logistiker sind hier aktiv. Die deutsche Post-Tochter DHL unterhält ihr Asien-Hauptquartier im Stadtstaat. "Die Globalisierung ist auch getrieben vom ungeheuren Fortschritt der Logistik", sagt Post-Chef Zumwinkel. Er hat früh auf die Internationalisierung seines Hauses gesetzt. Der andere Treiber, eng verzahnt mit den Logistikern, ist die Informationstechnologie. "Die Technologiesprünge haben es uns gestattet, aus weit voneinander entfernt liegenden Ländern Nachbarn zu machen", sagt P.K. Chakasendra, Europa- und Amerika-Chef des indischen WIPRO-Konzerns. Das hat ein Umdenken in den deutschen Top- Etagen erzwungen. Patriotismus ist nur noch gestattet, wenn er sich auszahlt. Und das tut es immer mehr abseits des Binnenmarktes. So verlagert sich die Produktion in die neuen Absatzgebiete Asiens und Osteuropas. Adidas zum Beispiel lässt den Großteil seiner Kollektionen schon lange in Asien fertigen.
In Bayern wird nur noch geplant und gemanagt. Weltweite Vernetzung und niedrige Transportkosten machen das möglich. Und die ständig steigenden Erwartungen der Kapitalmärkte machen das nötig. In China, im Perlflussdelta nahe Ghuangzhou, liegt die Fabrik der Firma Apache. Dort fertigen 12.000 Menschen pro Monat mehr als eine Million Paar Sportschuhe exklusiv für den fränkischen Sportausrüster.
Nicht alle gehen den Weg, den Adidas und andere gewählt haben. Das Gütersloher Familienunternehmen Miele setzt auf das Gütesiegel "Made in Germany" und kann auch auf den wachsenden Märkten Asiens hohe Preise verlangen. Das macht die Produktion in Deutschland bezahlbar. Die Verkäufe laufen trotzdem prächtig für wohlhabende Bewohner von Shanghai oder Peking gehört Küchengerät aus dem Westfälischen zu den notwendigen Statussymbolen.
Es ist kein Zufall, dass die "Cosco Germany" nach der langen Europa- Asien-Passage nun fast jeden Tag einen chinesischen Hafen anläuft. Die "Werkbank der Welt" überschwemmt die Märkte mit Gütern. Und die Häfen sind den Mengen immer weniger gewachsen. Shanghai erweitert, Ningbo und Dalian ebenso; dort im ehemaligen Port Arthur hat die "Cosco Germany" den Wendepunkt ihrer Reise erreicht.
Freitag, 30. März 2007, 22.35 Uhr Wettlauf um die Welt 3. Deutschland global - Die tägliche Herausforderung Film von Stefan Aust und Claus Richter
Die guten Wirtschaftsdaten der vergangenen Monate mögen Experten erfreuen, die Mehrheit der Deutschen aber lässt sich von ihnen nicht beruhigen. Die Sicherheit der Vergangenheit ist dahin, das Zutrauen in eine gesicherte Zukunft gering. Das reiche Land plagt sich mit Ängsten vor dem Abstieg. Und das Gefälle zwischen Arm und Reich, zwischen gebildet und ungebildet wird größer. Dass die Bewältigung der Zukunft mit der Bildung beginnt, hat sich bis Berlin herumgesprochen. Doch unternommen wird noch zu wenig. Daran kann auch die Kür vereinzelter Elite-Universitäten und die steigende Zahl von privaten Hochschulen kaum etwas ändern. "Die Globalisierung ist eine gesellschaftliche Revolution. Sie führt jetzt in den Übergang von der Informations- in die Wissensgesellschaft", sagt der Schweizer Klaus Schwab, Gründer des World Economic Forum Davos. "Wer darauf nicht vorbereitet ist, kann daran nicht teilhaben."
Die Chinesen sind zur Teilnahme entschlossen. Breite Straßen, aufgeräumte Plätze, große Shopping Center Dalian prosperiert. Doch in der Millionenstadt wird nicht nur an Produktion und Konsum gedacht. Die jungen Chinesen kommen auch hierher, um zu lernen. "China will von der Werkbank der Welt zum Labor der Welt werden", sagt Jürgen Hambrecht, Asiens erfahrener Vorstandschef der BASF. Dafür braucht es akademischen Nachwuchs.
400.000 Ingenieure verlassen die chinesischen Hochschulen im Jahr, einige Dutzend von ihnen bildet Professor Jin Zilin in Dalian aus. "Die besten schicke ich dann weiter nach Aachen", sagt der Mittfünfziger, der selbst an der Rheinisch Westfälisch Technischen Hochschule studiert hat. Die Uni, der US-Ökonom Jagdish Bhagwati nennt sie "das deutsche MIT", unterhält lebhaften Austausch auch mit Dalian. Das schlechte Image des deutschen Bildungssystems hat sich noch nicht bis Nordchina herumgesprochen - oder das Bild ist falsch.
Aachen jedenfalls liefert, was deutsche Unternehmen suchen: hochqualifizierten Nachwuchs, nur zu wenig. Das bremst das Innovationstempo von Mittelständlern und Konzernen. Doch nicht nur chinesische Studenten kommen gerne in die Bundesrepublik, inzwischen sucht auch Kapital aus der Volksrepublik lukrative Anlagemöglichkeiten. Shenyang Machine Tool hat die kleine Firma Schiess AG in Aschersleben übernommen. 180 Jobs bei der fast insolventen Firma konnten erhalten werden, dieses Jahr sollen 50 Neueinstellungen folgen. Die Mitarbeiter sind mit den neuen Arbeitgebern sehr zufrieden.
56 Tage nach ihrem Auslaufen trifft die "Cosco Germany" wieder in Hamburg ein, voll beladen. 30 Stunden Aufenthalt hat Kapitän Richter und keine Minute Zeit, um sich Gedanken über den Lauf der Zeit zu machen. Das Schiff muss pünktlich zur nächsten Runde auslaufen.
Originaltext: ZDF Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=7840 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_7840.rss2 Rückfragen bitte an:
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