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Westdeutsche Zeitung: Vom Defizitsünder zum Musterknaben = von Ingo Faust

Geschrieben am 15-02-2007

Düsseldorf (ots) - Jahrelang haben wir uns schuldig gefühlt. Wir
Deutschen, die auf dieser unsäglichen willkürlichen Defizitgrenze von
drei Prozent bei Euro-Einführung bestanden hatten. "Drei-Komma- Null
ist Drei-Komma-Null", hatte der damalige Finanzminister Theo Waigel
seinen europäischen Kollegen vorgebetet. Und danach? Deutschland
wurde schnell zum Defizitsünder. Es hagelte Untersuchungen und
Strafandrohungen. Erst im letzten Jahr hat uns die EU aus ihren
Fängen entlassen. Das Ziel konnte knapp eingehalten werden. Wir waren
nach den strengen Maastricht-Kriterien wieder sauber.
Das werden wir auch künftig sein, folgt man den Erwartungen der
Steuerschützer. So leicht rutschen wir beim Schuldenmachen nicht mehr
über die Drei-Prozent-Quote. Mehr noch: Wir werden sogar wieder zu
einem Brüsseler Musterschüler. Ab 2009 gibt es im deutschen
Staatshaushalt wieder einen Überschuss - das hat es 40 Jahre lang
nicht gegeben. Damals war - hoffentlich ist das kein Omen - die erste
große Koalition am Ende.
Der Rückweg zum Musterknaben ist schwer gewesen. Die derzeit
sprudelnden Steuereinnahmen sind einerseits ein Verdienst der
angesprungenen Konjunktur, andererseits das Ergebnis neuer
Belastungen für die Bürger. Besonders die Mehrwertsteuer-Erhöhung hat
dem Staat neue Einnahmen in Milliardenhöhe beschert, und zwar bislang
erst als Vorzieheffekt. Aus Angst vor der Steuererhöhung wurden Käufe
langlebiger Konsumgüter vorgezogen - zum alten Steuersatz. Die höhere
Mehrwertsteuer wird erst ab Februar im Staatssäckel sichtbar werden.
Selbst die kleine Delle, die die Steuererhöhung geschlagen hat, wird
schnell ausgeglichen sein. Die Konjunktur läuft, nachdem das Wachstum
für 2006 bereits auf 2,7 Prozent nach oben korrigiert wurde, besser
als erwartet. Für dieses Jahr rechnen die ersten Wirtschaftsforscher
bereits mit 2,5 Prozent Plus - von Flaute keine Spur und 500 000 neue
Arbeitsplätze dürften drin sein.
Die auf Null zusteuernde Defizitquote in Deutschland reicht aber noch
nicht aus, um alle Maastricht-Kriterien zu erfüllen. Dazu müsste auch
der Schuldenstand noch kräftig runter und unter die 60 Prozent.
Überschüsse könnten die bewirken, falls nicht die Begehrlichkeit in
den Parlamenten wieder wächst. Aber da steht Steinbrück gegen.

Ressortleiter Wirtschaft
WESTDEUTSCHE ZEITUNG
Tel.: 0211/ 8382-2391
Fax: 0211/ 8382-2392
E-Mail: ingo.faust@westdeutsche-zeitung.de
Internet: www.wz-newsline.de

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Königsallee 27
40212 Düsseldorf
Kommanditgesellschaft; Sitz: Düsseldorf
Amtsgericht Düsseldorf HRA 8806

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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