WAZ: Viele neue Schüleranmeldungen: Die Gesamtschule lebt! - Leitartikel von Birgitta Stauber-Klein
Geschrieben am 01-03-2007 |
Essen (ots) - Mal vorausgesetzt, das Thema Schulsystem in NRW wird frei von jeglicher Weltanschauung diskutiert; und zwar wissenschaftlich, gesellschaftlich und politisch. Dann müssen wir - ganz wertfrei - feststellen: Das Nebeneinander von fünf weiterführenden Schulformen (Hauptschule, Realschule, Gymnasium, Gesamtschule, Förderschule) in NRW hat ausgedient.
1. wissenschaftlich: In keinem anderen OECD-Land entscheidet die Herkunft des Kindes so sehr über den Bildungserfolg wie in der Bundesrepublik. Überproportional viele Kinder aus armen Verhältnissen und aus Migrantenfamilien bekommen nur eine Hauptschulempfehlung. Die Bildung von Hauptschülern reicht aber nicht aus, um auf dem Arbeitsmarkt bestehen zu können. 2. gesellschaftlich: Die Gesamtschule ist bei Eltern und Schülern etabliert, wird nachgefragt, ebenso wie das Gymnasium. Auf die Hauptschule will niemand mehr, sie ist zur Restschule verkommen. 3. politisch: Die schwarz-gelbe NRW-Regierung kann am Elternwillen, am Abstimmen mit den Füßen, nicht vorbeiregieren. Zumal die Träger und damit die Kommunen über Schulgründungen und -schließungen entscheiden. Mit der Folge, dass sich im westfälischen Emsdetten selbst die CDU für die Gründung einer Gesamtschule einsetzt.
Diese Entwicklung zeigt: Es wäre vernünftig, die offensichtlich gescheiterten Hauptschulen und auch Realschulen als merkwürdige Mischform abzuschaffen. Weil die Gesamtschule - oder nennen wir sie lieber Gemeinschaftsschule (der Begriff Gesamtschule ist auf Grund einer jahrzehntelangen, völlig ideologisierten Diskussion negativ besetzt) auch Kindern Chancen bieten, die noch einen Entwicklungsschub vor sich haben - ob sie nun Abitur machen wollen oder lieber eine ordentliche Berufsausbildung nach der 10. Klasse.
Wenn die Landesregierung nun erklärt, der Boom der Gesamtschulen erklärt sich durch den geburtenstarken Jahrgang der künftigen Fünftklässler, dann müssten die Anmeldezahlen auch an den Hauptschulen steigen. Tun sie aber nicht, im Gegenteil. Die Umwandlung der Hauptschulen in Ganztagsschulen ist wohl nur als verzweifelter Versuch zu werten, diese Schulform irgendwie zu retten. Abgesehen davon ist der Gesamtschulboom sogar von Schwarz-Gelb beflügelt worden: Durch das Turbo-Abi. Das geht eben vielen Eltern zu schnell. Die Gesamtschule lebt, weil sie allen Kindern Chancen bietet. Das Gymnasium, weil es die besten Chancen bietet. Was brauchen wir mehr?
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
Pressekontakt: Rückfragen bitte an: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Thomas Kloß Telefon: (0201) 804-8975 zentralredaktion@waz.de
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