Börsen-Zeitung: Das Gericht prescht vor, Kommentar von Christina Rathmann zur Entscheidung des BGH, dass Banken künftig Provisionen von Fondsgesellschaften offenlegen müssen
Geschrieben am 05-03-2007 |
Frankfurt (ots) - Schock für die Banken: Sie müssen nach dem Willen des Bundesgerichtshofes (BGH) offenlegen, wie hoch die Vergütungen sind, die sie von Fondsgesellschaften erhalten, deren Produkte sie vertreiben. Der Kunde soll erkennen können, inwiefern die Bank bei der Beratung von eigenen Interessen geleitet war: Ob ihr eher daran gelegen war, hohe Umsätze und somit hohe Provisionen zu erzielen, oder daran, dem Kunden die besten Produkte zu vermitteln. Problematisch ist dies besonders bei Rückvergütungen, die die Banken aus dem Verwaltungsabschlag erhalten, den die Kunden jährlich an den Fondsanbieter zahlen. Die Höhe dieser "Kick-Backs" verschweigen die Banken bisher.
Banken, die ohnehin nur Produkte aus dem eigenen Haus verkaufen, dürften von dem Urteil kaum betroffen. Bei der konzerninternen Verbuchung von Kick-backs handelt es sich lediglich um Umbuchungen von der linken in die rechte Tasche. Auch die Volksbanken und Sparkassen, die bisher nur Produkte der verbundeigenen Fondsproduzenten Deka und Union verkaufen, dürften kaum betroffen sein.Das Urteil nimmt teilweise Regelungen aus der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (Mifid) vorweg, die im November in Kraft treten soll. Auch diese verlangt mehr Transparenz in Sachen Gebühren. Doch das Urteil geht auch über die Mifid hinaus: Der Richtlinie zufolge muss die genaue Höhe der Kick-Backs nämlich nur auf Nachfrage offengelegt werden.
Ein weiterer Unterschied zwischen BGH-Urteil und Mifid besteht in der Sanktionierung. Die Mifid regelt vor allem aufsichtsrechtliche Fragen. Das heißt, dass die Aufsicht Verstöße mit Bußgeldern ahnden kann. Inwieweit private Anleger sich auf das Regelwerk berufen und etwa Schadenersatz fordern können, ist unter Juristen noch umstritten. Das BGH-Urteil ist da eindeutig: Auf seiner Grundlage können Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden.
Ob und in welchem Ausmaß solche Forderungen über die Banken hereinbrechen werden, ist völlig offen. Noch wichtiger aber ist, wie das Urteil die Beratungspraxis - vor allem deren Vergütung - verändern wird. Zwei Optionen sind denkbar: Erstens könnten die Finanzdienstleister ein Beratungshonorar direkt vom Kunden verlangen. Der wüsste dann genau, was es kostet, und Interessenkonflikte wären ausgeschaltet. Bisher ist die Einführung solcher Modelle gescheitert, doch Aufsichtsrecht und Rechtssprechung ändern sich eben in diesem Jahr. Zweitens könnten die Kick-Backs, die die Banken bei verschiedenen Anbietern kassieren, angeglichen werden - bei gleicher Höhe gäbe es keinen Interessenkonflikt mehr.
Dabei wäre allerdings eine Nivellierung der Gebühren am oberen Ende der bisherigen Spanne zu erwarten. So könnten zwar die Banken ihren Schock über das BGH-Urteil schneller verwinden. Im Sinne der Richter und Anleger aber wäre die erste Option sicher die transparentere.
(Börsen-Zeitung, 6.3.2007)
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