Die Allianz AG hat angekündigt, dass sie mit der italienischen Ras verschmelzen und in eine Europäische Gesellschaft (Societas Europaea) umgewandelt wird. Gleichzeitig werden in Italien und Deutschland die Versicherungsaktivitäten enger verzahnt. Fragen dazu an CEO Michael Diekmann.
Allianz Group München, 16. September 2005
Herr Diekmann, braucht es wirklich eine neue Organisationsform, um eine internationale Gesellschaft zu sein?
Diekmann: Ja, das war an der Zeit. Wir sind eine internationale Gruppe, und das muss sich auch stärker in unserer Unternehmensführung bemerkbar machen – in unserem Aufsichtsrat, unserem Vorstand, und bei unserer Mitarbeitervertretung. Die Form der Europäischen Gesellschaft wurde im vergangenen Jahr eingeführt, und sie gibt uns hierfür den richtigen Rahmen.
Ist die Europäische Gesellschaft nicht einfach ein eleganter Weg, um die weitreichenden deutschen Mitbestimmungsregeln zu umgehen?
Diekmann: Nein. Jedenfalls nicht in unserem Fall. Es gibt zwar Formen der Europäischen Gesellschaft ohne Mitbestimmung. Aber eine Europäische Gesellschaft mit Sitz in Deutschland ist weitgehend mit einer deutschen Aktiengesellschaft vergleichbar. Der gegenwärtig in Deutschland gültige Standard der Arbeitnehmer-Mitbestimmung bleibt also erhalten.
Wir haben uns zudem bewusst für eine Beibehaltung der paritätischen Mitbestimmung entschieden, weil wir die Mitbestimmungsrechte der Mitarbeiter für richtig und wichtig halten. Der Unterschied ist, dass wir auch hier internationaler werden: Die Arbeitnehmervertreter kommen künftig aus verschiedenen europäischen Ländern.
Wieso behalten Sie überhaupt den Sitz in Deutschland? Als europäische Gesellschaft könnte die Allianz ihre Zentrale doch auch in ein anderes Land verlegen.
Diekmann: Das war für uns keine Frage. Die Allianz ist in Deutschland groß geworden, wir sind hier nach wie vor das Unternehmen, dem die Menschen am meisten für ihre Vorsorge- und Finanzanlagebedürfnisse vertrauen. Wir haben hier unsere Wurzeln.
Wenn Sie so wollen, spiegelt die neue Organisationsform unsere Identität ziemlich exakt wider: die über die Jahre gewachsene Internationalität, die große Bedeutung des europäischen Heimatmarkts und die Verankerung in Deutschland.
Trotz des hohen Erfolgs der Allianz in Deutschland kündigen Sie aber gerade hier organisatorische Veränderungen an. Das gleiche gilt für Italien.
Diekmann: Weil unsere Organisationsformen uns immer noch Hindernisse in den Weg legen, um so flexibel auf neue Kundenbedürfnisse einzugehen, wie wir das gerne wollen, und weil wir auch beim Preis-Leistungs-Verhältnis noch mehr herausholen können, wenn wir klarere Strukturen und einfachere Prozesse haben.
Wir können unseren Kunden noch mehr bieten. Und das müssen wir gerade in Märkten wie Italien und Deutschland angehen, wenn wir unseren Erfolg halten wollen. Denn wir müssen die besten Produkte, Services und Preise liefern, wenn wir in Märkten mit einem so hohen Verdrängungswettbewerb weiterhin an der Spitze sein wollen. Uns geht es ja um langfristige Profitabilität. Daran müssen wir uns auch in unserer Organisation ausrichten.
Und deshalb die Veränderungen in Italien und Deutschland.
In Italien wie in Deutschland können wir unseren Kundenfokus deutlich verbessern, wenn wir die Versicherungsaktivitäten und die damit zusammenhängenden Prozesse enger miteinander verzahnen. Wir verschleißen zu viel Energie und vergeben uns Marktchancen, weil wir in Strukturen arbeiten, die historisch, Stück für Stück, entstanden sind und die nicht aus einem Guss sind. Das geht einfacher, und das müssen wir anpacken.
Das bringt aber wieder eine Phase der Umorganisationen und Verunsicherung für die Mitarbeiter mit sich.
Diekmann: Ja, das ist mir sehr bewusst. Das Schwierigste bei solchen Veränderungen ist die Unsicherheit, bis wirklich alle einzelnen Schritte besprochen und beschlossen sind und jeder Mitarbeiter weiß, was es für ihn oder sie bedeutet.
Wir können und müssen dadurch helfen, dass wir Schritt für Schritt nach jedem Beschluss durch die Gremien die Entscheidungen erklären und bekannt geben. Dennoch wird es Unsicherheit geben, Spekulationen in den Medien und Gerüchte. Nur: Sie können deswegen nicht beschließen, nichts mehr zu verändern.
Wieso fassen Sie in der deutschen Holding nicht alle Gesellschaften zusammen? Schließlich arbeiten doch gerade die Bank, Asset Management und die Versicherungsseite eng zusammen, um integrierte Lösungen für Kunden anzubieten?
Diekmann: Das ist idealtypisch sicher richtig. Aber die neuen Prozesse, die wir für die Zusammenarbeit zwischen Versicherung, Bank und Vermögensverwaltung eingerichtet haben, funktionieren bereits recht gut. Und das Zusammenführen in einer Holding hätte im Moment die Komplexität eher erhöht, als sie zu verringern, denn die Bank und unser Asset Management haben ja nicht nur deutsche, sondern auch internationale Aktivitäten. Es wäre auch rechtlich nicht ohne Weiteres möglich.
Wir arbeiten deshalb jetzt an den Verbesserungen, die wir durch die Bündelung der Versicherungsaktivitäten erreichen können. Das wird aber sicher auch die Zusammenarbeit für den integrierten Finanzdienstleister weiter befördern.
Nochmals zurück zu der Europäischen Gesellschaft - was versprechen Sie sich persönlich für die Allianz davon?
Diekmann: Ich glaube, dass es uns wesentlich einfacher fallen wird, uns auf die entscheidenden strategischen Fragen zu konzentrieren, darauf die richtigen Antworten zu finden und sie zügig umzusetzen. Wir werden durch die Europäische Gesellschaft automatisch internationaler werden, was uns für den globalen Wettbewerb hilft, in dem wir stehen.
Wir werden außerdem durch die neuen Entwicklungen weltweit eine klarere und konsequentere Aufstellung bekommen. Beides wird uns auch bei der Zusammenarbeit mit unseren Gruppengesellschaften unterstützen.
Kontakt für Presse Richard Lips
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