Westdeutsche Zeitung: Studienwahl = von Anja Clemens-Smicek
Geschrieben am 18-03-2007 |
Düsseldorf (ots) - Der ehemalige US-Präsident Benjamin Franklin hat es einmal auf den Punkt gebracht: "Eine Investition in Wissen bringt immer noch die besten Zinsen." Dieser Satz gilt heute mehr denn je, immerhin beträgt der Anteil der Akademiker an allen Arbeitslosen im Durchschnitt gerade mal fünf Prozent. Trotzdem dürften die Franklin'schen Weisheiten vielen Geisteswissenschaftlern schwer im Magen liegen. Während Ingenieure und Betriebswirte zu einer vielversprechenden Karriere durchstarten, kämpfen sie selbst als Teil eines hochgebildeten Lumpenproletariats ums wirtschaftliche Überleben. Sie hangeln sich von einem Praktikum zum nächsten, ohne Perspektive auf eine gut bezahlte Stelle. Warum das so ist? Weil die traditionellen geisteswissenschaftlichen Magister- und Diplomstudiengänge dem Humboldt'schen Bildungsideal nachhängen. Deren Absolventen sind zwar breit ausgebildet, haben kommunikative Fähigkeiten und können sich schnell in eine Materie einarbeiten. Auf mögliche Jobs werden sie im Studium aber nur unzureichend vorbereitet. Erschwerend kommt hinzu, dass der originäre Arbeitsmarkt für Geisteswissenschaftler in Hochschulen, Museen oder Kommunen angesichts leerer Kassen seit Jahren wegbricht. Auch im Personalwesen, der Werbung oder dem Marketing wächst die Konkurrenz von Bewerbern mit einschlägigen, meist betriebwirtschaftlichen Abschlüssen. Wer beim Stellenwettbewerb punkten will, muss deshalb auch aus diesem Bereich Know-how und die nötige Praxis mitbringen. Da zeigen die Bachelor-Studiengänge, in denen ganz bewusst der Kontakt zur Arbeitswelt gesucht wird, den richtigen Weg auf. Als wenig hilfreich erweist sich die Politik. Wir haben zwar das Jahr der Geisteswissenschaften, aber kaum einer merkt's. Und bei der Exzellenzinitiative des Bundes sind vorneweg Hochschulen im Rennen, die sich durch die Qualität ihrer natur- oder ingenieurswissenschaftlichen Fächer auszeichnen. Geistes- und Sozialwissenschaften, so das Signal, zählen nicht zum Kanon der Elite-Fächer. Was das für die Einwerbung von Geldern bedeutet, kann man sich leicht ausrechnen. Der Siegeszug des homo faber ist kaum mehr aufzuhalten. Der homo sapiens ist abgehängt, auch auf dem Arbeitsmarkt.
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