LVZ: zum Koalitionsstreit / Raketenabwehr
Geschrieben am 19-03-2007 |
Leipzig (ots) - Becks Irrglaube Von Bernd Hilder Außenpolitische Entscheidungen haben oft innenpolitische Gründe. Das war schon immer so - und verkomplizierte die Dinge meistens. Dass die SPD im Umfragetief zu versinken droht, macht deswegen eine sachliche Debatte über den geplanten Raketenschutzschild der USA für Europa nicht einfacher. SPD-Chef Kurt Beck wittert die Chance, sich und seinen oft im Schatten der Kanzlerin stehenden Außenminister Steinmeier wieder in die Offensive zu bringen - und in der Wählergunst nach oben. Die SPD als demonstrative Friedenspartei gegen Bushs Irak-Krieg zu positionieren bescherte Gerhard Schröder 2002 einen unerwarteten Wahlsieg über eine Union, die sich zwischen Friedensliebe und Bündnistreue verhedderte. Doch diesmal liegen die Dinge anders: Ein Raketenschutzschild, von dem heute noch niemand weiß, wie er militärtechnisch im Detail aussehen könnte und ob er überhaupt funktioniert, ist defensiv und nicht offensiv ausgerichtet. Natürlich könnte er die von neuen Supermachtsträumen getriebenen Russen ebenfalls zu Aufrüstung zu provozieren - jedenfalls wenn das Projekt nicht hinreichend diplomatisch flankiert wird. Tatsächlich richtet sich der Schutzschild aber gegen unberechenbare und Atomwaffen entwickelnde Staaten wie den Iran. Dies muss auch Moskau akzeptieren. Der Westen muss sich fragen, ob er vorbereitet ist, falls iranische Raketen in einigen Jahren bis ins Zentrum der EU reichen. Kanzlerin Merkel beschreitet den richtigen Weg, wenn sie den Streitfall Raketenstationierung sowohl in der Nato als auch in der EU klären lassen will. Konsultationen sind per se besser als Konfrontationen. Das kategorische Nein der SPD gegen den Schutzschild kommt reflexartig früh. Zu früh für ein abgewogenes Urteil. So als wäre die Partei in der Opposition. Die Furcht vor einem Wettrüsten zwischen der Nato und Russland muss außenpolitisch ernst genommen werden. Becks Bemerkung jedoch, es sei "ein Irrglaube, dass mehr Waffen zu mehr Sicherheit" führten, ist in ihrer Absolutheit ebenso ein naiv-schöner Irrglaube. Die Nato-Nachrüstung war der Gegenbeweis: Aufrüstung führte zu Abrüstung. Zudem herrscht in der Raketenfrage selbst in der SPD Uneinigkeit. Mancher fürchtet die außenpolitische Isolierung der Partei - und Handlungsgehemmtheit des Außenministers. Egon Bahr, der SPD-Altmeister der verschlungenen West-Ost-Beziehungen, schlägt gar vor, den Schutzschild zusammen mit Russland zu errichten: Gut gemeint, aber angesichts politischer Verhärtungen in Moskau auf absehbare Zeit extrem unwahrscheinlich. Wie in der Innenpolitik werden auch die außenpolitischen Gräben zwischen den in schicksalhafter Feindseligkeit verbundenen Koalitionsparteien CDU und SPD immer tiefer. In der SPD wächst das Unbehagen über den notwendigen Afghanistaneinsatz der Bundeswehr. Die Meinungsunterschiede über eine Unabhängigkeit des Kosovo oder die zum Teil extremistische Palästinenser-Regierung sind fundamental. Ein Koalitionsbruch liegt dennoch nicht in der Luft: Nicht nur die SPD, auch die Union betrachtet Neuwahlen als Schreckgespenst.
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