Westdeutsche Zeitung: US-Raketenschild = von Alexander Marinos
Geschrieben am 21-03-2007 |
Düsseldorf (ots) - Kurt Beck war noch keine 100 Tage Vorsitzender der SPD, da hatte er schon sein erstes außenpolitisches Meisterstück abgeliefert. Mit seinem Vorschlag, die Bundeswehr solle die Grenze des Libanon von der Seeseite her sichern, gab er im August vergangenen Jahres die Marschroute vor - erst für seine Partei, dann für die Große Koalition insgesamt. Sieben Monate später hat sich "König Kurt" in der Debatte um den US-Raketenschild selbst auf Provinz-Format geschrumpft, indem er die SPD populistisch als Friedenspartei darstellt. Sein kategorisches Nein zur Stationierung von Abfangraketen in Europa spaltet nicht nur die SPD und die Koalition. Am Ende wird eine innenpolitisch geschwächte Bundesregierung auch die erneut drohende Spaltung der EU kaum verhindern können. Becks Motiv ist durchsichtig. Die Beschlüsse zur Gesundheitsreform und zu den Unternehmenssteuern haben die eigenen Anhänger verprellt. Den Plan, die SPD als moderne Familienpartei zu profilieren, hat CDU-Ministerin Ursula von der Leyen mit ihrer Krippendiskussion durchkreuzt. Was bleibt da noch, um wieder in die Offensive zu kommen? Schließlich hat der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder bewiesen, wie man mit kritischen Tönen gegen Washington zu Hause Stimmen fangen kann. Dabei hatte Schröders Kritik an der Irak-Politik der USA noch Substanz. Genau daran lässt es Beck aber vermissen, wenn er von der Gefahr eines Rüstungswettlaufs schwadroniert und einen neuen Kalten Krieg heraufbeschwört. In Moskau fürchtet niemand, dass die USA Russland angreifen könnten. Die Modernisierung der russischen Atomwaffen steht ohnehin an. Hinzu kommt, dass keiner weiß, ob der US-Raketenschild überhaupt je funktionieren wird. Selbst wenn er funktionieren sollte: Es muss nicht zu unserem Schaden sein. Voraussetzung dafür ist aber, dass die USA die Nato und Russland in ihre Pläne einbeziehen. Genau daran arbeitet die Bundesregierung und eben auch der Bundesaußenminister Klammer auf SPD Klammer zu. Dass ihm sein eigener Parteichef nun in den Rücken fällt, dürfte für Frank-Walter Steinmeier eine neue Erfahrung sein. Im Zielkonflikt zwischen Partei- und Kabinettsdisziplin wird er sich wohl für letztere entscheiden.
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