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LVZ: Streit um Friedensnobelpreis-Nominierung: Künast fordert Merkel auf, osteuropäische Bürgerbewegungen zu nominieren / Stolpe unterstützt Nominierung Kohls

Geschrieben am 31-03-2007

Leipzig (ots) - Führende Oppositionspolitiker und ehemalige Träger
der ostdeutschen Bürgerrechtsbewegung haben die osteuropäische
Bürgerbewegung für die Auszeichnung mit dem nächsten
Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Gegenüber der "Leipziger
Volkszeitung" (Sonnabend-Ausgabe) reagierten sie damit ablehnend auf
den Vorschlag von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, der
namens der EU den deutschen Altkanzler Helmut Kohl für den
Friedensnobelpreis vorgeschlagen hat.

Die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Renate Künast, forderte
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dazu auf, "einen eigenen
Vorschlag für den Friedensnobelpreis zu machen". Die
EU-Ratspräsidentin solle "einen EU-Vorschlag für den
Friedensnobelpreis machen, der auch die längst überfällige
Wertschätzung für diese Bürgerbewegungen ausdrücken muss, statt
stellvertretend die alte Bundesrepublik auszuzeichnen".

Dagegen verteidigte der SPD-Politiker Manfred Stolpe, einer der
führenden ostdeutschen Nach-Wende-Politiker, ehemaliger
Ministerpräsident von Brandenburg und früherer
Aufbau-Ost-Bundesminister, den Barroso-Vorschlag. "Seine Politik hat
dazu beigetragen, Europa als Friedensfaktor in der Welt zu stärken",
sagte Stolpe über Kohl. Für den Sozialdemokraten verdiene Kohl den
Friedensnobelpreis, "denn er hat Willy Brandts Verständigungspolitik
mit dem Ostblock weitergeführt". Kohl habe "Vertrauen in Deutschland
im Westen und im Osten Europas aufgebaut und so die deutsche
Wiedervereinigung befördert", meinte der Sozialdemokrat. "Seine
Politik hat dazu beigetragen, Europa als Friedensfaktor in der Welt
zu stärken."

Ähnlich äußerte sich der amtierende CDU-Schatzmeister und
außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Eckart von Klaeden.
"Kohl hat sich im großen Maße verdient gemacht um die Deutsche
Einheit und um die Europäische Union." Der Friedensnobelpreis wäre
deshalb eine "verdiente Würdigung seiner historischen Leistungen".

Im Gegensatz dazu meinte der frühere DDR-Bürgerrechtler und
ehemalige Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90 Werner Schulz: "Der
Vorschlag Kohl ist unangebracht." Der Ex-Kanzler habe sich sicherlich
um Europa verdient gemacht "und letztendlich auch um das
diplomatische Aushandeln der Deutschen Einheit". Aber, so Schulz:
"Wenn jemand den Friedensnobelpreis verdient hat, dann sind das die
Leute um Christian Führer von der Leipziger Nikolaikirche, die die
Montagsdemonstrationen initiiert und deren friedlichen Verlauf
garantiert haben. Das sind die wahren Protagonisten der friedlichen
Revolution, die haben den Friedensnobelpreis verdient", sagte Schulz
der Zeitung.

Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Marianne Birthler,
sprach sich ebenfalls für die wahren Initiatoren der friedlichen
Revolution als Nobelpreisträger aus: "Die Voraussetzungen für die
Deutsche Einheit schufen die Menschen in der DDR. Deshalb fällt mir
zur Deutschen Einheit nicht zuerst ein westdeutscher Name ein."

Für die Grünen-Politikerin Künast gebührt "das große Verdienst der
europäischen Einigung der Bürgerbewegung der DDR und den
osteuropäischen Staaten". Sie verband die Aufforderung an Merkel, zur
Nobelpreis-Initiative zu Gunsten der osteuropäischen Bürgerbewegung
mit dem Hinweis auf die aktuelle Europapolitik der Bundesregierung:
"Zurecht heißt es in der ,Berliner Erklärung' zum 50. Geburtstag der
Europäischen Union: ,Der Freiheitsliebe der Menschen in Mittel- und
Osteuropa verdanken wir, dass heute Europas unnatürliche Teilung
endgültig überwunden ist.'"

Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, die
Linksparteipolitikerin Petra Pau, nannte Kohl "alles andere als
preiswürdig". Schließlich habe der CDU-Altkanzler "im Rahmen der
CDU-Spendenaffäre als Kanzler sein Ehrenwort über das Grundgesetz
gestellt", so Pau gegenüber der Zeitung. Zugleich nannte sie seine
damalige Politik "alles andere als friedfertig, weil während der
Regentschaft von Helmut Kohl die Bundeswehr-Strategie von nationaler
Verteidigung auf weltweite Intervention umgestellt" worden sei. Mit
dem Vorschlag, Kohl für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen und weil
zuvor bereits Tony Blair und George W. Bush genannt worden seien,
bestätige sich "wieder einmal eine Volksweisheit: Orden und Bomben
treffen (fast) immer die Falschen", so Pau.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Büro Berlin

Telefon: 030/72626-2000


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