Rheinische Post: Türkische Klage
Geschrieben am 15-04-2007 |
Düsseldorf (ots) - Von Reinhold Michels
Das Verhältnis zwischen Deutschen und Italienern wird gerne so beschrieben: Die Italiener respektierten uns, aber sie liebten uns nicht, während die Deutschen umgekehrt empfänden. Dies auf die deutsch-türkischen Beziehungen übertragen, liest sich die Kritik des zur Hannover Messe angereisten Ankara-Premiers Erdogan an der deutschen Kanzlerin und gegenwärtigen EU-Ratspräsidentin Merkel wie die Klage: Ihr Deutschen respektiert zwar unsere wachsende Wirtschaftsmacht, aber als Familienmitglied in Europa wollt ihr uns nicht, schon gar nicht als Freunde. Erdogan ist nicht so beleidigt, wie es den Anschein hat. Der Premier ist ein politischer Fuchs, frei von der Träumerei, es zähle im Verkehr der Staaten untereinander die private Kategorie Freundschaft mehr als kühles Interesse. Man mag ja im Laufe beziehungsweise am Ende der Aufnahme-Verhandlungen zu der Auffassung kommen, dass es im strategischen Interesse der EU liegt, das eurasische Brückenland ins Brüsseler Boot zu lassen; ihm jetzt aber mit freundschaftlichen Gesten Hoffnungen zu machen, nähme den Druck von der Türkei, sich nicht nur ökonomisch fit, sondern endlich auch rechts- und kulturpolitisch Europa-kompatibel zu machen.
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