LVZ: Merkel und Oettinger
Geschrieben am 16-04-2007 |
Leipzig (ots) - Von Bernd Hilder Die CDU-Spitze hat Günther Oettingers ziemlich späte Entschuldigung nach seiner furchtbar misslungenen Trauerrede für Hans Filbinger akzeptiert. Erledigt ist die Sache damit allerdings nur für die Union. SPD und Grüne werden sich noch einige Zeit an dem sturen Ministerpräsidenten abarbeiten, ohne vermutlich seinen Sturz bewirken zu können. In seinem Heimatland Baden-Württemberg könnte Oettinger mit der skurrilen Glorifizierung Filbingers sogar an Profil gewonnen haben. Bundesweit jedoch ist seine Bedeutung vorerst kräftig gestutzt. Dies hätte ihm erspart bleiben können, wenn sein Krisenmanagement besser gewesen wäre - und das der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel. Ob Oettinger sich nur vergaloppiert hat, oder ob er ungeschickt am rechten Rand des politischen Spektrums punkten wollte, ist da - fast - schon egal. Wichtig wäre eine schnelle Korrektur falschen Geschichtsunterrichtes gewesen. So aber wurde aus einem Patzer ein großer Fehler - und ein Kommunikationsdesaster dazu. Mit ihrer inhaltlich richtigen, aber überhasteten öffentlichen Rüge für Oettinger hat Merkel den selbstbewussten Ministerpräsidenten in eine Schmollecke getrieben, aus der er Mühe hat, wieder herauszukommen. Für das Seelenleben der Union - und auch für Merkels Stellung als Parteichefin - wäre es geschickter gewesen, Oettinger lediglich intern in den Senkel zu stellen - und ihn durch indirekten Druck zu einer Entschuldigung zu drängen. Oettinger blieb keine Chance mehr, das Gesicht zu wahren - auch wenn er dafür die Hauptverantwortung trägt. Da man dem eher liberalen Oettinger nicht ernsthaft den Vorwurf machen kann, außerhalb des demokratischen Spektrums zu stehen, war Merkels Reaktion falsch: Sie brachte zwar kurzfristig Medienlob. So bewirkt man als Vorsitzende aber langfristig keinen Zusammenhalt der Partei-Flügel, sondern ein Auseinanderdriften der Partei. Wer von der Vorsitzenden öffentlich im Regen stehen gelassen wurde, merkt sich das - und andere, vornehmlich Merkel-kritische Länderfürsten, sind gewarnt. Helmut Kohl hatte es stets verstanden, die divergierenden Gruppen vom linken Arbeitnehmerflügel über die Wirtschaftsliberalen bis zu den patriotischen und konservativen Unionsvertretern auf eine gemeinsame Marschrichtung einzuschwören. Merkels technokratischer und wenig flexibler Führungsstil appelliert kaum an die Seele der Union. Dies macht das Regieren mit dem linken Koalitionspartner leichter, dürfte es aber auf Dauer schwerer machen, Unionsanhänger zu mobilisieren und an die Wahlurnen zu bringen. Merkel macht es sich unnötig schwer, weil sie Profilierung der Union im Wesentlichen über Treue zur Koalitionspolitik definiert: bürgerliches Blumenblühen verboten. Seit dem angekündigten Rückzug von Friedrich Merz aus der Politik ist der Wirtschaftsflügel der CDU kaum noch erkennbar. Mit Jörg Schönbohm verschwindet einer der letzten Vertreter des konservativen Flügels von der Bühne. Fasst Merkel den Begriff der politischen Mitte weiterhin erdrückend eng, bleibt sie im 35-Prozent-Elend einer Volkspartei. Oettingers Versuch, dieses Elend zu überwinden, ging jedoch gründlich daneben.
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