Boersen-Zeitung: Gestörte Machtbalance, Kommentar zu den Anteilsverkäufen bei EADS von Stefan Kroneck
Geschrieben am 05-04-2006 |
Frankfurt (ots) - Mit dem Abbau ihrer Anteile am Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS vollziehen DaimlerChrysler und Lagardère einen Schritt, der längst überfällig war. Aus Sicht des Marktes ist dies zu begrüßen, weil mit dem Verkauf der Streubesitzanteil auf knapp die Hälfte steigt. Dadurch erhöht sich die Liquidität der Aktie, was sich positiv auf den Marktwert des Hightech-Konglomerats auswirken könnte, das derzeit mit 26 Mrd. Euro bewertet wird.
Der Stuttgarter Autobauer erlöst nach der Transaktion mit geschätzten 2 Mrd. Euro Finanzmittel, die Vorstandschef Dieter Zetsche dringend braucht, um die Sanierung des angeschlagenen Kerngeschäfts voranzutreiben. Der französische Mischkonzern kann sich nach dem Teilrückzug stärker auf seine Medienaktivitäten konzentrieren.
Ob aber in dieser neuen Konstellation die EADS-Führung mehr Handlungsspielräume gewinnt, ist fraglich. Das Gegenteil dürfte der Fall sein. Zwar verliert der Block der insgesamt vier Großaktionäre, die fast zwei Drittel des EADS-Kapitals auf sich vereinen, auf den ersten Blick an Gewicht. Die grundsätzliche Problematik des hochsensiblen deutsch-französischen Machtgefüges innerhalb des Unternehmens bleibt aber bestehen, weil die beiden industriellen Großeigner bekräftigten, "wesentliche" Pakete weiter halten zu wollen. Mehr noch: Nach dem Abbau gewinnt der französische Staat an Einfluss, weil er seine 15-Prozent-Beteiligung vorerst beibehält.
Das sorgsam austarierte Gleichgewicht zwischen Deutschen und Franzosen ist aber gestört, wenn sich die Macht zugunsten von Paris verschiebt. In dieser Gemengelage sind Konflikte programmiert, wie es der zurückliegende heftige Streit um die Neubesetzung von Spitzenpositionen im Konzern verdeutlicht hatte, der zeitweise die Gesellschaft lähmte und im Wettbewerb mit Boeing zurückwarf. DaimlerChrysler und Co-CEO Thomas Enders erlitten nun eine Niederlage, weil sie es nicht geschafft haben, den französischen Staat aus dem Unternehmen hinauszudrängen. Oder war das Festhalten am unveränderten Staatsanteil der Preis dafür, dass EADS bei Thales nicht zum Zuge kam, an der Paris ebenfalls ein bedeutendes Paket hält? Jedenfalls hätte ein Einstieg von EADS beim Rüstungszulieferer die Position der französischen Seite im Kapital deutlich gestärkt. Dies wollten aber die Deutschen unbedingt verhindern.
Originaltext: Börsen-Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=30377 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
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