Bayern und Baden-Württemberg starten Angriff auf Diesel-Kennzeichnung der Bundesregierung
Geschrieben am 06-04-2006 |
Berlin (ots) - Mit dem Coup im Bundesrat sollen Dieselfahrzeuge mit und ohne Russfilter die grüne Plakette für "allzeit freie Fahrt" in den Städten erhalten - Ziel ist die Absatzsicherung ungefilterter Neufahrzeuge - Deutsche Umwelthilfe: Ein Vorstoß auf Kosten der Gesundheit der Stadtbewohner
6.4.2006: Auf Initiative der beiden "Automobilstandorte" Bayern und Baden-Württemberg soll der Bundesrat am morgigen Freitag (7. April) die von der Bundesregierung bereits verabschiedete Kennzeichnung von Dieselfahrzeugen stoppen. Ziel der Initiative ist es, eine eigene Plakette für rußfreie, mit Partikelfilter ausgestattete Dieselfahrzeuge zu verhindern und sie mit ungefilterten Neufahrzeugen gleichzustellen.
"Wir erleben einen weiteren, von Teilen der deutschen Automobilindustrie inspirierten Versuch, Autofahrer und Verbraucher zu täuschen und den Absatz gesundheitsschädlicher Rußfahrzeuge abzusichern ", warnte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch. "BMW und DaimlerChrysler wollen offensichtlich erreichen, dass alle Neufahrzeuge - ob sie mit Filter ausgestattet sind oder beim Beschleunigen schwarze Rußwolken ausstoßen - mit einer grünen Plakette ausgestattet werden. So wird die flächendeckende Einführung der Filtertechnik unweigerlich weiter verzögert."
Versteckt ist der im Umwelt- und Verkehrsausschuss des Bundesrates vorbereitete Coup in der "Verordnung zum Erlass und zur Änderung von Vorschriften über die Kennzeichnung emissionsarmer Kraftfahrzeuge". Im Gegensatz zum bereits vom Bundeskabinett gebilligten Verordnungstext überzeugten BMW und DaimlerChrysler ihre "Heimatländer" Bayern und Baden Württemberg, auf eine gesonderte Kennzeichnung von sauberen Dieselfahrzeugen zu verzichten. Begründet wird der erneute Versuch einer Verbrauchertäuschung im Änderungsantrag wie folgt: "Modernste Kraftfahrzeuge, die aktuell verbindliche (Euro-4/IV) oder langfristig vorgegebene (Euro-V) Abgasnormen erfüllen, müssen mit maximalen Benutzervorteilen belohnt werden. Die Verschmelzung der Schadstoffgruppen 4 und 5 dient darüber hinaus der Verwaltungsvereinfachung." In Wirklichkeit würde eine Umsetzung der Initiative nach Überzeugung der DUH nicht nur die Filtereinführung verzögern, sondern auch den Kampf der Kommunen gegen die gesundheitsschädliche Feinstaubbelastung in den Ballungszentren massiv erschweren.
Alle derzeit im Handel angebotenen Neuwagen, ob mit oder ohne Rußfilterung, würden fortan die "grüne Plakette" erhalten. Nachdem der Verband der Automobilindustrie (VDA) bereits seit zwei Jahren erfolgreich eine aufkommensneutrale finanzielle Förderung des Partikelfilters blockiert, soll nun mit der Verhinderung einer gesonderten Kennzeichnung rußfreier Fahrzeuge der Absatz von Dieselstinkern auch für die Zukunft abgesichert werden.
Die DUH erinnerte an positive Erfahrungen einer konsequenten Plaketten-Regelung bei der Einführung des Dreiwege-Katalysators Ende der 80er Jahre. Damals erhielten nur Fahrzeuge mit einem geregelten Kat die Plakette für "allzeit freie Fahrt". Innerhalb kürzester Zeit setzte sich diese Technologie daraufhin durch, viele Jahre bevor sie rechtlich verbindlich wurde.
Nach der vom Bundeskabinett verabschiedeten Kennzeichnungsverordnung sollen nur Fahrzeuge, die die höchste Abgasnorm EURO 5 erfüllen, eine grüne Plakette erhalten. Die Blockade einer gesonderten Kennzeichnung "sauberer" Dieselfahrzeuge nützt Autobauern, die für Klein- und Mittelklassewagen auch weiterhin den Rußfilter nicht einsetzen wollen. Recherchen der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) ergaben darüber hinaus, dass diese Autobauer - entgegen früherer Ankündigungen - weiter Neufahrzeuge in großem Umfang ohne Partikelfilter verkaufen wollen. Neben den Verweigerern Volkswagen, Skoda und Seat will der DaimlerChrysler Konzern viele Chrysler-Modelle und den Stadtwagen Smart ForTwo ab 2007 nur mit einem so genannten PM-Kat ausrüsten und nicht, wie vom damaligen Konzernchef Jürgen Schrempp im März 2005 versprochen, mit einem vollwertigen Rußfilter. Den finanziellen Einspareffekt für DaimlerChrysler beziffert die DUH auf nicht mehr als 50 Euro pro Fahrzeug.
Auch bei Bussen planen MAN sowie Mercedes-Benz, zukünftig auf Rußfilter zu verzichten. Während heute schon über die Hälfte der von Mercedes-Benz verkauften Busse mit Partikelfilter ausgestattet sind, sollen diese ab 2006 wieder ausschließlich ohne Filter angeboten werden. Für die DUH ist das ein massiver Rückschritt. Zwar erfüllten die Busse dann die neuen Grenzwerte für Nutzfahrzeuge (EuroIV/V) und erreichen geringere Stickoxidemissionen. "Der Preis für Umwelt und Gesundheit ist trotzdem unverantwortlich hoch. In Bussen einer neuen Generation wird aus reinen Kostengründen auf hochwirksame Rußpartikelfilter verzichtet, die es vorher schon gegeben hat", sagte Resch. Das sei ein beispielloser Vorgang. "Im Ergebnis steigen die Partikelemissionen um das Vier- bis Fünffache gegenüber der aktuellen Technik des geregelten Partikelfiters."
Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V. Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=22521 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_22521.rss2
Für Rückfragen: Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, (www.duh.de)Mobil.: 0171/ 3649170, Fax.: 0 77 32/ 9995-77, E-Mail: resch@duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030/ 25 89 86-15, mobil 0171/ 56 60 577, E-Mail: rosenkranz@duh.de
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