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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den geplanten Streiks bei der Telekom

Geschrieben am 10-05-2007

Bielefeld (ots) - Wenn der Telekom-Mann gar nicht klingelt, obwohl
er doch eigentlich angekündigt gewesen ist, dann konnte das noch bis
gestern am schlechten Service liegen. Von heute an liegt es
vermutlich am Streik. Das Ergebnis ist für die Kunden dasselbe - und
damit auch der Effekt für das Unternehmen: Noch mehr Festnetznutzer
werden sich jetzt überlegen, ihren Vertragspartner zu wechseln.
Das Management steckt in einer Zwickmühle. Altlasten aus der Zeit der
Privatisierung vor zehn Jahren, darunter die Verpflichtung zur
Weiterbeschäftigung von derzeit noch 78000 Beamten, engen den
Spielraum für Spartarife ein. Die Konkurrenz freut sich - und nutzt
geschickt den Vorteil.
Jeder Festnetzkunde, der T-Com den Rücken kehrt, mindert jedoch die
Einnahmen des Konzerns und verstärkt das Problem. Weil Kai-Uwe Ricke
es nicht lösen konnte, wurde René Obermann an die Spitze geholt.
Offenbar hat er sich vorgenommen, den Gordischen Knoten allein
durchzuhauen. Die Leitung zwischen Vorstand und Belegschaft liegt
still.
Man kann davon ausgehen, das die Beschäftigten um die prekäre Lage
ihres Konzerns wissen. Jedenfalls haben sie in der Vergangenheit
manchen Kompromiss getragen, um Kosten zu senken und gleichzeitig
nicht noch mehr Kollegen in die Arbeitslosigkeit zu schicken. Die
Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 34 Stunden ohne Lohnausgleich
bedeutete für viele einen erheblichen Verzicht. Nun kommt der
»Dobermann« - Obermann im Telekom-Jargon - und verlangt vier
Gratis-Arbeitsstunden mehr plus eine neunprozentige Lohnsenkung.
Selbst wenn er wollte: So mancher Servicemitarbeiter kann da kaum
noch mit.
Statt in einer solchen Situation wenn nicht schon einen Kompromiss,
so doch wenigstens das Gespräch zu suchen, drohte Obermann den 50000
Mitarbeitern - immerhin fast jedem dritten Telekom-Beschäftigten. Die
Quittung folgte jetzt: Mehr als 96 Prozent Zustimmung zum Streik sind
selbst unter den Bedingungen, unter denen solche Urabstimmungen
gewöhnlich stattfinden, eine schallende Ohrfeige.
»Was an Qualen und Leid unser harrt«, klagt der Gefangenenchor
eindringlich in Verdis Nabucco. Die Gewerkschaft Verdi wird trotz
allem andere Töne anschlagen müssen.
Zugegeben, zunächst ist Obermann dran, den Hörer in die Hand nehmen
und für ein dringend notwendiges Gespräch ein neues Angebot
vorzulegen. Dann aber besteht an beiden Enden der Telefonleitung die
Pflicht zum Kompromiss. Unter einem langen Streik würden beide
- Unternehmen und Mitarbeiter - leiden. Der Ruf der T-Com als
Serviceunternehmen ist ziemlich ruiniert. Die Leiharbeiter und
Fremdunternehmen, die nun als Streikbrecher gerufen werden, werden
ihn kaum verbessern können.
Um aus der Zwickmühle herauszukommen, gibt es für Europas größten
Telefonanbieter nur einen Weg: bessere Angebote und mehr Service.
Dann sind der Auszug der Kunden und das Wegbrechen der Einnahmen auch
wieder zu stoppen.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=66306
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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