LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Telekom
Geschrieben am 10-05-2007 |
Leipzig (ots) - Das Ergebnis der Urabstimmung war absehbar, der Ausgang des Konfliktes ist allerdings offen. Verdi greift zum äußersten Mittel einer Gewerkschaft und zieht mit Pauken und Trompeten in den Streik. Das Telekom-Management um Vorstandschef René Obermann dagegen bleibt hart und will Servicebereiche auslagern und Personalkosten sparen. Damit steuert der Konzern in einen unkalkulierbaren Arbeitskampf, bei dem es im Prinzip nur Verlierer geben kann - auf der Arbeitnehmer- und auf der Arbeitgeberseite. Die Deutsche Telekom ist ein Paradebeispiel dafür, dass das Management handeln muss, um Schlimmeres zu verhindern. Nur wenn es Obermann gelingt, die Kosten in den Griff zu bekommen und den dauernden Aderlass bei den Kunden zu stoppen, wird das Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben und Arbeitsplätze sichern können. Denn schon lange setzt sich der schleichende Niedergang fort. Die gestern vorgelegten Quartalszahlen bestätigten dies. Genau wie die Reaktion der Börsianer. Die Kursentwicklung der T-Aktie ist ein Trauerspiel. Seit Jahren dümpelt das Papier vor sich hin, weit entfernt von den ehemaligen Höchstständen um die 100 Euro. Dem Kapitalmarkt fehlt schon lange der Glaube an Kraft und Perspektive des Unternehmens. Das lässt sich auch von keinem Verdi-Funktionär wegdiskutieren und spricht seine eigene unverfälschte Sprache. Was also ist jetzt die Alternative? Dass Obermann etwa einknickt und die schlechte Kostenperformance in Kauf nimmt? Wohl kaum. Etwa, dass Finanzminister Peer Steinbrück für den Bund als Hauptaktionär Druck auf die Unternehmensführung ausübt? Kontraproduktiv. Oder dass Verdi beim Streik doch noch klein beigibt? Ein Imageverlust sondergleichen. Kurzum, eine so genannte Win-Win-Situation ist inzwischen ausgeschlossen. Die Lage ist verfahren. Keiner kommt nun ohne Blessuren aus dem Konflikt heraus. Dabei geht es um wesentlich mehr als nur um einen ganz normalen Arbeitskampf in einem ganz normalen Tarifkonflikt, in dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer turnusgemäß Arbeitsbedingungen für eine Branche aushandeln. Der Telekom-Streik ist zwar nur auf das Unternehmen begrenzt, wird aber durch seine Publizität und Außenwirksamkeit zum Präzedenzfall in der Neujustierung von Kapital und Arbeit. Allein das hätte einen Kompromiss gerechtfertigt. Weil der Fall einmal mehr zeigt, worum es in einer globalisierten Welt, in der Unternehmen auch so agieren, geht: um differenzierte, auf die betriebswirtschaftlichen Bedingungen der Firmen zugeschnittene Lösungen. Was nämlich für Siemens und Nokia Gültigkeit hat, muss noch lange nicht für die Telekom oder Vodafone gelten. Darum ist die Flexibilisierung der Arbeitswelt dringender denn je, kann aber nur zum Erfolg führen, wenn Gewerkschaften und Arbeitgeber generell die Tarifordnung neu gestalten. Etwa, indem die Bezahlung künftig enger an den Erfolg und den Misserfolg des Unternehmens geknüpft wird. Das schafft Spielräume - und bringt das, was die Telekom-Arbeitnehmer mit dem Streik erreichen wollen: sichere Jobs mit einem vernünftigen Lohn.
Originaltext: Leipziger Volkszeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2
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