Westdeutsche Zeitung: Es gibt keine guten und schlechten Soldaten = Von Martin Vogler
Geschrieben am 20-05-2007 |
Düsseldorf (ots) - Taliban kennen keinen Unterschied. Sie differenzieren nicht zwischen "guten" und "schlechten Soldaten". Es wäre auch zu schön gewesen: Zur ersten Gruppe sollten die Deutschen gehören, die freundlich mit der Bevölkerung plaudern, Brunnen graben und eben humanitär helfen. Denen tut angeblich keiner was. Im Gegensatz zu den kämpfenden Truppen. Wie naiv solches Denken war, ist spätestens jetzt jedem klar. Zumal auch die skizzierte Aufgabenteilung nicht mehr gilt. Denn wenn deutsche Tornado-Kampfflugzeuge militärische Aufklärung betreiben, machen sie Taliban-Stützpunkte als Angriffsziele aus. Humanitär ist das nicht, sondern schlichtes Kriegshandwerk. Dem jüngsten Anschlag werden also auch aus diesem Grund weitere folgen. Das macht Angst.
Dennoch wäre es falsch, gerade jetzt über einen Rückzug aus Afghanistan nachzudenken. Was zum Glück außer der Linkspartei noch niemand öffentlich tut. Denn das fast schon geflügelte Wort Peter Strucks, dass Deutschlands Sicherheit auch am Hindukusch verteidigt werde, hat seine Berechtigung. Wenn man Afghanistan sich selbst überließe, wüchse wohl die Gefahr, von dort mit Terroristen und Rohopium überschwemmt zu werden. Die Probleme rückten dann wahrscheinlich lediglich näher an Deutschland heran. Es ist bitter, aber unvermeidlich: Die Bundeswehr muss bleiben und versuchen, den Aufbau des Landes und die Demokratisierung zu fördern.
Die offizielle Meinung wird erstmal voll hinter dem Einsatz stehen. Mit jedem weiteren deutschen Opfer könnte es allerdings schwieriger werden, die Zustimmung für das deutsche Afghanistan-Mandat, dessen Verlängerung ja im Herbst ansteht, zu erhalten. Auch in der SPD scheint die Nervosität zu wachsen. Die Stimmung könnte dann kippen, wenn sich der Charakter der Mission schleichend zu einem echten Kampfeinsatz mit Besatzer-Mentalität wandelt. Was ja auch politisch nicht gedeckt wäre.
Der amerikanische Rambo-Weg, Konfliktherde beruhigen zu wollen, indem man noch mehr Soldaten hinschickt, ist weder klug noch bei uns durchzusetzen. Zu präsent ist hier auch noch das Scheitern von 120.000 Russen in Afghanistan. Wir könnten also - auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen - bald tatsächlich über Rückzug reden müssen.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=62556 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_62556.rss2
Pressekontakt: Rückfragen bitte an: Westdeutsche Zeitung Martin Vogler Telefon: 0211/ 8382-2373 martin.vogler@westdeutsche-zeitung.de
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